Einen Tag lang war ich mit zwei Rettungssanitätern der Sanität Basel unterwegs. Wie alles anfing kannst du im 1. Teil von letzter Woche nachlesen, heute erfährts du von meinen ersten Einsätzen. Viel Spass beim lesen!
Der erste Einsatz
Es ist kaum eine Minute vergangen, seit unsere Alarmtelefone geläutet haben und wir sind bereits auf dem Weg zum ersten Einsatz. Nadine steuert die Ambulanz, die jetzt mit Blaulicht und Sirene unterwegs ist, gekonnt durch den Basler Morgenverkehr. Paolo navigiert sie und wertet die wenigen Informationen zum Einsatz, die von einem, im Führerstand der Ambulanz fest installierten, Tablet abzulesen sind, aus. Ich habe im Patientenraum Platz genommen, gespannt darauf und auch etwas nervös zu sehen, was uns am Einsatzort erwartet. Anscheinend sind wir auf dem Weg zu einem Verkehrsunfall, viel mehr weiss ich nicht.
Am Bestimmungsort angekommen, parkiert Nadine das Fahrzeug am Strassenrand. Wir steigen aus und durch das Bild, das sich uns bietet, fühle ich mich wie in einen Film hineinversetzt. Vor uns stehen zwei Polizeiautos. Mitten auf der Strasse steht ein verlassener Pkw, um den herum mehrere Polizisten stehen und sich Notizen machen. Bei der Patientin handelt es sich um ein Mädchen im Teenageralter, welche von einem Pkw touchiert wurde und nun an einen Stein gelehnt am Strassenrand sitzt. Bei der Erstversorgung kommt ein Notfall-Rucksack zum Einsatz, den sich einer der Retter beim Aussteigen aus der Ambulanz über die Schulter geworfen hatte und der jetzt aufgeklappt am Boden liegt, während sich die Sanitäter um die Verletzte kümmern. Ich beobachte das ganze Geschehen noch etwas aus der Ferne, sehr darauf bedacht möglichst niemandem im Weg zu stehen.
Das Unfallopfer scheint den Umständen entsprechend nochmal Glück gehabt zu haben. Bis auf einige Schürfwunden, einer Prellung im Gesicht und einem anscheinend sehr schmerzhaft verletzten Arm, scheint ihr auf den ersten Blick nicht mehr zu fehlen. Doch der Schock sitzt verständlicherweise tief, das arme Mädchen zittert wie Espenlaub, was nur teilweise an der noch frühmorgendlichen Kälte liegt. Um dieser zu entgehen und um sie genauer untersuchen und besser versorgen zu können, wird sie auf die Liege gelegt und in den Patientenraum der Ambulanz geschoben.
Es wird eng in der Ambulanz; um die Patientenliege herum sitzen und stehen Paolo und Nadine, ich und zwischenzeitlich ein bis zwei Polizisten. Nach wenigen Minuten kommt auch noch die Mutter der Patientin hinzu, die natürlich direkt über den Unfall ihrer Tochter informiert worden ist. Der Patientin wird über die Nase ein Schmerzmittel gegen die Schmerzen im verletzten Arm verabreicht. Gebrochen scheint er nicht zu sein und so sieht man davon ab, ihn zu schienen.
Während der Versorgung eines Patienten, wird von den Sanitätern jeder Schritt in einem Einsatzprotokoll festgehalten. Neben dem Vorgehen (Wie wird behandelt, welche Medikamente werden verabreicht, usw.) wird in diesem Protokoll auch der Grund für den Einsatz (Was ist genau passiert? Symptome des Patienten, usw.) und sämtliche Informationen zum Patienten (Personalien, Medikamente, Allergien, Vitalzeichen, usw.) festgehalten. Das Protokoll wird einerseits als Informationsquelle mit dem Patienten dem Spitalpersonal übergeben, dient aber auch als rechtliche Absicherung für die Rettungssanitäter bei einer allfälligen späteren Nachfrage.
Im Fall des jungen Unfallopfers kommt an Administration neben diesem Protokoll auch noch die Aufnahme der Personalien der Mutter und einige Fragen durch die Polizei hinzu, was den Transport ins Spital etwas verzögert. Doch schlussendlich beginnen wir den Transport der jungen Patientin ins Kinderspital beider Basel. Nach der kurzen Fahrt, die ich neben Nadine in der Führerkabine verbringe, da Paolo die Patientin betreut und die Mutter natürlich bei ihrer Tochter ist, fahren wir in die Notaufnahme des Kinderspitals. Bei der Einfahrt passieren wir eine Säule, die mit rot-weissem Absperrband umwickelt ist und Nadine muss mein fragendes Gesicht bemerkt haben, denn sie entgegnet, dass der Architekt beim Entwurf dieser Notaufnahme wohl vergessen hat, wie gross so eine Ambulanz tatsächlich ist und man darum wegen den engen Platzverhältnissen immer sehr vorsichtig einfahren muss.
Die Patientin wird in der Notaufnahme zwei Pflegefachfrauen und einer Ärztin des Kinderspitals übergeben. Dabei werden der genaue Unfallhergang beschrieben und sämtliche Informationen zu verabreichten Medikamenten, den Vitalzeichen und anderen vorgenommenen Behandlungen kommuniziert. Nach diesem kurzen aber wichtigen Austausch verabschieden wir uns von der Patientin und ihrer Mutter. Der Einsatz der Sanitäter ist hier zu Ende und wir treten die Rückfahrt zur Einsatzbasis an.
Einsatz am Flughafen
Wieder zurück auf der Einsatzbasis machen sich Nadine und Paolo direkt daran die Ambulanz wieder aufzufüllen. Alles, was auf dem letzten Einsatz gebraucht wurde, muss ersetzt werden und so wird mir im Lager der Basis ein Infusionsbeutel, dazugehörige Nadeln, Desinfektionstücher und ein Verband in die Hände gedrückt. Auch die gebrauchten Medikamente müssen aufgefüllt werden. Da das verwendete Schmerzmittel unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, muss es aus einem Tresor geholt werden, über dessen Inhalt akribisch Buch geführt wird.
Kaum ist alles an seinem Platz im Fahrzeug untergebracht, läutet auch schon wieder das Alarmtelefon. Wir werfen uns die neongelben Jacken über, steigen in die Ambulanz und machen uns, diesmal ohne Sondersignale, auf den Weg zum Flughafen zum nächsten Einsatz.
Auf der Ebene der Ausgänge für die angekommenen Fluggäste werden wir bereits von der Flughafenfeuerwehr erwartet. Sie haben eine Frau und ihre Tochter dabei, doch dieses Mal ist nicht die Tochter, sondern die Mutter unsere Patientin. Sie wird vom Rollstuhl, in dem sie bei unserer Ankunft sitzt, in die Ambulanz begleitet und dort auf die Patientenliege gelegt. Die Ferienpläne der beiden wurden jäh durch eine Magen-Darm-Erkrankung der Mutter durchkreuzt und statt im Flugzeug endet der Tag für sie im Spital.
Da die Gefahr besteht, dass die Magen-Darm-Erkrankung ansteckend ist, reicht mir Paolo einen Mundschutz. Er und Nadine haben sich bereits einen übergezogen. Der Patientin wird eine Infusion gelegt und bereits nach kurzer Zeit machen wir uns auf den Weg ins Universitätsspital Basel. Dort wird die Patientin direkt von der Notaufnahme in die medizinische Poliklinik verlegt, wo sie für weitere Abklärungen von den Sanitätern ans Spitalpersonal übergeben wird. Ein weiterer Einsatz geht zu Ende.
Noch vor der Rückfahrt wird die Ambulanz jeweils bereits wieder einsatzbereit gemacht, denn auch unterwegs kann man jederzeit alarmiert werden. Das sollte ich schon sehr bald erfahren.
Wie es weitergeht, liest du nächsten Dienstag hier auf tize.ch