Bereits ein Jahr davor hatten wir die Tickets für das Konzert gekauft. Gleich nachdem sie hochgeschalten wurden, versteht sich. Für die vorderste Reihe versteht sich. Und billig waren sie übrigens auch nicht. Aber wir waren jung und das Taschengeld hatten wir uns angespart. Nur für dieses eine Ticket.

Noch 365 Tage. Wir machten Luftsprünge, beim blossen Gedanke in einem Jahr unsere Lieblingsband endlich live auftreten zu sehen – im Nachhinein fast peinlich, und doch irgendwie verständlich.
Der Tag rückte näher, der gesetzte Timer sank langsam auf die Zahl 0 herunter, bis wir endlich, nach langen aufgeregten Nächten im Bus zum Stadion sassen und unser Glück kaum fassen konnten.
Nur noch 9 Stunden. Nur. Ein nur in unserer damaligen Dimension. Heute eine ewig lange Wartezeit und völlig übertrieben. Erwachsene schütteln bedenklich den Kopf, während sie zur Arbeit gehen und wir uns kichernd über unsere Lieblingsband unterhielten.
In der immer länger werdenden Menschenkolonne sassen wir fast zuvorderst auf dem heissen Teer. Die Sonne prallte auf unsere Köpfe, während wir schwitzend, Liter um Liter Wasser tranken und unsere hungrigen Bäuche mit aufgewärmten Sandwiches füllten. Nach einer Weile, als auch ein kühles Glace unsere Stimmung nicht mehr heben konnte, schwiegen wir und wurden schläfrig.
Das Nur zog sich in die Länge und die Warterei wurde unerträglich. Die Meute kreischender Fans wurde still.
Bis die Tore sich öffneten.

Rennen. Trampeln. Schreien. Was liegen blieb, wurde vergessen. Wer nicht aufstand und rannte, wurde überrannt. Alle wollten sich einen Platz sichern, alle wollten an erster Stelle stehen, den besten Platz ergattern. Zuvorderst, krallend an die Absicherung warteten wir abermals zwei Stunden, während sich die Arena langsam füllte.
Es herrschte Konzertluft. Die Hitze schien vergessen, die müden aber aufgeregten Gesichter der meist jungen Fans blicken gebannt auf die Bühne.

Herzklopfen. Und als der Vorhang fiel und die ersten Bässe dröhnten, war es für eine Millisekunde komplett still. (…) Wie in Zeitlupe warf die Menge die Hände in die Luft und die Stille wurde von einem Getöse und Kreischen zerrissen.
Mein Herz klopfte wie wild, das Blut rauschte in meinen Ohren, während ich laut mitsang. Mein Adrenalinpegel stieg auf 180 und ich spürte das Rauschen der Musik in mir. Ich blendete die Menge um mich herum aus, meine Gedanken galten der Band, der Musik. Ein Blick zu meiner Freundin, sie grinste mich an.
Es war laut und vielleicht hätte ich die Ohrstöpsel nützen sollen. Vielleicht hätte ich regenfeste Kleidung mitbringen sollen, als gegen Ende ein heftiges Gewitter aufzog und Fans sowie auch die Band klitschnass wurden. Vielleicht. Aber es wäre bei weitem nicht so authentisch gewesen.

Viel zu schnell gingen die zwei Stunden vorbei. Die Menge wirkte aufgeregt, während sich das Stadion langsam leerte. Zum einen sprachlos, zum anderen noch aufgebraust, mit Gänsehaut am ganzen Körper umarmten wir uns und liefen dann ebenfalls den Ausgang. Vorbei. Das lange Warten war vorbei, das Konzert eine blosse Erinnerungen.
Nach drei Stunden schien nichts an den Event zu erinnern. Was zurückblieb war Stille, Ruhe und Leere – mit einem Hauch Konzertrauschen.

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auf der Suche nach etwas Inspiration

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