Die ganze Story zu meinen erholsamen Kurzferien beginnt Mitte November, als mich meine Chefin darauf aufmerksam macht, dass ich in diesem Jahr noch einige Ferientage zu beziehen hätte. «Gschäch nüüt schlimmers» denke ich mir und beschliesse, mir anfangs Dezember einen kurzen Break zu gönnen, bevor mich der allbekannte Weihnachtsstress eh wieder einholen wird.
Der November vergeht wie im Flug und ZACK schon ist es Dezember und meine Ferientage stehen vor der Tür. Was ich in meinen freien Tagen mache, weiss ich auch zwei Tage davor noch nicht so recht, erinnere mich aber an all die Freunde, mit denen ich «sicher noch im 2018» etwas unternehmen will. Dieser Gedanke führt zu gefühlt 438542 Telefonaten mindestens gleich so vielen WhatsApp-Nachrichten uuuuuund am Ende des Tages auch zu unzähligen Körben, da ich der einzige in meinem Freundeskreis bin, der mitten in der Woche drei Tage frei hat.
Hmmmm, schöne Sch****
…denke ich mir und gönne mir im selben Moment ein Stück Rüebliturte.
Was mach ich denn jetzt?!
…denke ich mir, nachdem die Rüebliturte verschwunden ist.
Ach, pfff, egaaal
… denke ich mir wieder einige Momente später.
Ich beschliesse, alleine etwas zu unternehmen und ZACK schon bin ich auf der Buchungsseite eines Hostels und buche mir ein Zimmer in Zermatt. Kaum habe ich die Bestätigung erhalten, beginne ich mich sogar auf die Ferien und somit einen kurze Pause vom Alltag zu freuen. Am nächsten Tag erzähle ich meinen Freunden ganz aufgeregt von meinen Plänen, ins Wallis zu verreisen.
«Hey mega cool! Mit wem gahsch?»
…ist die Reaktion von so ziemlich allen, denen ich von meinem Vorhaben erzähle.
Hehe ich gange elei chli ga d’Rueh gnüsse
… lautet meine Antwort, welche wiederum ganz verschiede Reaktionen wie «hahaha so geil!!!», «Soso, elei also? Das sölli dir glaube? 😏😏😏» oder auch «wtf meinsch ernscht?!» auslöst.
Gross Zeit, mir über den bevorstehenden Trip und die Reaktionen meiner Freunde Gedanken zu machen, bleibt mir nicht. Noch bin ich im Arbeitsmodus, schreibe meine letzten Mails, bevor der Autoresponder übernimmt und schliesse die letzte Arbeit ab.
Los geht’s
5:45 Uhr ist es, als am Montagmorgen mein Wecker klingelt und es wird höchste Zeit, zu packen, wobei ich aus praktischen Gründen entschieden habe, nur mit dem Rucksack zu reisen. Ich gebe es zu, «nurs Nötigschte» entspricht mir nicht wirklich, trotzdem aber muss es für dieses Mal reichen. Um 7 Uhr stehe ich bereits am Perron am Bahnhof Baden, um 8 Uhr bin ich in Bern, wo ich mir kurz noch einen Kaffee gönne und um 11 Uhr bin ich in Zermatt angekommen, wo ich nun ein erstes Mal keine Idee mehr habe, was ich bis zum Check-in im Hostel um 14 Uhr tun soll. Das Wetter ist nicht schlecht, hinter welcher Wolke sich das Matterhorn aber versteckt, ist schwer zu erraten.
Was chammer da elei und mit tüüfem Budget mache?
… frage ich mich und realisiere, dass ich mir diese Frage wohl besser vor der Buchung gestellt hätte.
«Wandere»
…empfiehlt mir eine Frau am Bahnhof, für Verpflegung eigne sich zudem die örtliche Migros. Ich beschliesse, als erstes planlos den Ort zu erkunden, lande schliesslich ein erstes Mal bei meinem Hostel, wo ich mein Gepäck abliefere und finde mich einige Momente in einem urchigen Walliser Restaurant wieder. Zugegeben, es ist für mich ungewohnt, alleine zu sein, alleine ins Restaurant zu gehen, niemanden vis-à-vis zu haben, der Menüvorschläge macht und niemandem erzählen zu können, was heute bereits passiert ist. Ich schlucke leer und beschliesse in dem Moment, als mir die für mein Budget viel zu teure Walliser Platte serviert wird, den etwas anderen Kurztrip zu geniessen, die Ruhe fürs «Energie-Tanken» zu nutzen, die Bergluft zu geniessen und die Unabhängigkeit in vollen Zügen zu feiern.
Und so soll es sein. Nach dem Check-in passiert in den nächsten paar Tagen wenig Spektakuläres in Zermatt; ich gehe mit der Bergbahn auf die «Sunnegga», wo ich spontan beschliesse, in Chucks durch den Schnee zurück ins Dorf zu wandern, schiesse einige Panoramabilder von meiner fantastischen Aussicht, schaue Abends in der Unterkunft fleissig Netflix auf dem Fenstersims, wo ich das Matterhorn immer schön im Blick habe und sammle fleissig Treuepunkte im empfohlenen Dorfladen.
Die Zeit rast, der Mittwochmorgen steht vor der Tür, der Rucksack ist gepackt und ich stehe bereit und warte am Perron auf den Zug, der mich zurück in die geliebte Heimat bringt.
Auf der Heimfahrt
…lasse ich die vergangenen Tage Revue passiere und komme zum Entschluss:
So schlächt isch’s gar ned gsii
Im Gegenteil sogar: Ich hatte wohl im ganzen Jahr nicht so viel Zeit für mich, Zeit, über das Leben zu philosophieren, Pläne für mein Leben nach der Lehre zu machen, konnte einige Tage den geliebten Alltag zuhause lassen und drei Tage so geniessen, wie sie gerade kamen.
PIIING
…macht es in der Hosentasche, kurz nachdem ich mein Handy wieder auf Ton gestellt habe.
«Git’s hüt Abig es Raclette bi mir?»
…heisst es im Gruppenchat mit meinen besten Freunden, ich schreibe «yesss, gern» zurück, öffne meine Playlist, schliesse die Augen und freue mich, zur¨ück in den Alltag zu kehren, zuhause meiner Familie von meinen Erlebnissen zu erzählen und freue mich mehr denn je, meine Freunde beim Raclette wiederzusehen – drei Tage waren ja auch eine wahnsinnig lange Zeit, in der man sich nicht gesehen hat.
Mein wahnsinnig deepes, reifes, psychologisch wertvolles Fazit, dass ich nach meinem Trip gezogen habe, allen erzähle, mir dick auf irgendein Post-it geschrieben habe, gerne irgendwo in ein Tal schreien will und meinen Freunden wohl schon 45923 Mal gesagt habe:
S› Läbe isch geil, so wies isch
… und drum gnüssed mers!
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THE END
Bildquellen
- : Tristan Scherer
1 Comment
Eine mal etwas andere Reportage. Ich kann mich gut in dich hineinversetzen. Ähnlich ging es mir, als ich letztes Jahr im Sommer eine Woche alleine nach Schottland reiste. Einfach mal für eine Weile abschalten, neue Kulturen und Landschaften kennenlernen und nachdenken, das tut echt gut und versetzt einem einen grossen Energieschub. Für diese Reise bin ich bis heute dankbar und kann es wirklich jedem empfehlen.