Am nächsten Sonntag stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über zwei Vorlagen ab. Zum einen ist dies die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», zum anderen geht es um eine Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes, die neu ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung beinhalten sollen. Bis morgen Donnerstag kann noch brieflich abgestimmt werden. Falls du jetzt in Panik gerätst, weil du überhaupt keine Ahnung von gar nichts hast, das rote Abstimmungsbüchlein irgendwo verlegt hast und dir sowieso keine Zeit bleibt, dich noch zu informieren, bist du hier genau richtig.

Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen»

Die Initiative verlangt, dass der Bund und die Kantone günstige Mietwohnungen verstärkt fördern. Aufgrund der guten Wirtschaftslage und dem Bevölkerungswachstum sei vor allem in städtischen Gebieten Wohnraum knapp und teuer geworden. Würden die Mieten den gesunkenen Zinsen angepasst werden, müssten sie heute rund 40 Prozent tiefer sein, meint das Initiativkomitee. Trotzdem stiegen die Mitpreise laufend. Dem will die Initiative mit drei Massnahem entgegenwirken. Zum ersten sollen gesamtschweizerisch mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen gemeinnützigen Bauträgern gehören. Gemeinnützige Bauträger vermieten ihre Wohnungen nicht gewinnorientiert, sondern verlangen nur so viel, wie diese tatsächlich kosten. Somit liegen die Mieten im Schnitt um rund zwei bis drei Monatsmieten tiefer als bei normalen Wohnungen. Zum zweiten sollen Kantone und Gemeinden ein Vorkaufsrecht nutzen können, um geeignete Grundstücke für den gemeinnützigen Wohnungsbau zu kaufen. Für Grundstücke im Eigentum des Bundes oder bundesnaher Betriebe soll dieses Vorkaufsrecht generell gelten. Die dritte geplante Massnahme betrifft die Subventionen für energetische Sanierungen. Die Initiative will, dass Subventionen nur noch dann gewährt werden, wenn dabei die günstigen Wohnungen nicht verloren gehen und die Mieterinnen und Mieter in den Wohnungen bleiben können.

Der Bundesrat und das Parlament lehnen diese Initiative ab. Seit der Einreichung der Initiative im Jahr 2016 hat sich ihrer Meinung nach die Situation um einiges verändert. Während es damals tatsächlich immer weniger freie Wohnungen gegeben habe, hielten sich seit 2016 Angebot und Nachfrage die Waage. Der Anteil leerer Wohnungen nähme sogar leicht zu. Auch bei den Mieten sei dieses Phänomen zu beobachten. Seit 2016 seien die Preise für neu oder wieder vermietete Wohnungen rückläufig. Der Bundesrat gibt aber zu, dass es vor allem in städtischem Raum nach wie vor schwierig sein kann, erschwinglichen Wohnraum zu finden. Trotzdem gehe die Initiative zu weit. Nicht nur seien die geschätzten Mehrkosten von 120 Millionen Franken pro Jahr zu hoch, sondern schon jetzt fördere der Bund den gemeinnützigen Wohnungsbau. Als Gegengenmassnahme zur Initiative hat der Bund beschlossen, seinen Fonds zur Unterstützung gemeinnütziger Wohnbauträger für 10 Jahre um 250 Millionen Franken zu erhöhen, damit der gemeinnützige Wohnungsbau seinen gesamtschweizerischen Markanteil von rund vier Prozent halten kann. Diese Massnahme tritt nur in Kraft, falls die Initiative abgelehnt wird.

Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung

Bei der zweiten Vorlage geht es um ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Schon heute schützt das Schweizer Strafrecht Menschen vor verschiedenen Formen der Diskriminierung wie etwa der Diskriminierung aufgrund von Rasse, Ethnie oder Religion. Neu soll auch die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung strafbar sein. Dazu sollen das Strafgesetzbuch und das Militärstrafgesetz entsprechend angepasst werden. Die Änderungen betreffen aber nur die gezielte und vorsätzliche Diskriminierung in der Öffentlichkeit. Sachliche Diskussionen sowie Äusserungen und Handlungen im Familien- und Freundeskreis sind davon nicht betroffen. Auch Provokationen, Karikaturen und Witze sollen erlaubt bleiben, solange sie die Menschenwürde nicht verletzen. Gegen diese geplanten Änderungen wurde das Referendum ergriffen.

Laut dem Referendumskomitee geht es bei der Gesetzesänderung nicht um den Diskriminierungsschutz, sondern um eine Zensur der Meinungs- und Gewissensfreiheit. Homo- und bisexuelle Menschen seien längst ein akzeptierter Teil unserer Gesellschaft und hätten es nicht nötig, durch ein Gesetzt zu vermeintlich schwachen Sonderfällen gemacht zu werden. Das Strafgesetz in seiner jetzigen Form biete einen ausreichenden Schutz vor Diskriminierung. Zudem könne nicht jede Person vor jeglichem Verhalten, das er oder sie als beleidigend empfindet, durch ein entsprechendes Gesetz geschützt werden. Des Weiteren sei die Gesetzesänderung unklar und gefährde dadurch die Demokratie, findet das Referendumskomitee. Die Grenzen der Meinungsfreiheit könnten willkürlich gesetzt werden. Es sei wichtig, dass man sich auch öffentlich kritisch mit Homo- und Bisexualität auseinandersetzten könne, solang zwischen dem Menschen an sich und seiner sexuellen Ausrichtung unterschieden würde.

Bundesrat und Parlament sehen dies anders. Für sie wird die Meinungsäusserungsfreiheit durch die angestrebte Änderung des Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes nicht verletzt, sondern nur die gezielte, vorsätzliche und öffentliche Herabsetzung aufgrund der sexuellen Orientierung verboten und unter Strafe gestellt. So könne das von der Bundesverfassung garantierte Grundrecht auf Schutz vor Diskriminierung erfüllt werden. In Zeiten von Social Media, dem Internet und der damit verbundenen vermeintlichen Anonymität sei es dringend nötig, diesen Schutz zu verbessern. Die freie Meinungsäusserung bliebe nach wie vor möglich, solange sie die Menschenwürde nicht verletze.

Jetzt bist du dran!

Wenn du bis hierher gekommen bist, gibt es für dich keine Entschuldigung mehr! Schnapp dir deine Wahlunterlagen, schreibe Ja oder Nein auf deine Stimmzettel, stecke sie in einen Umschlag und diesen in das an dich adressierte Stimmcouvert. Und dann ab damit an deine Gemeinde. Du willst doch nicht, dass andere für dich entscheiden!

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