Mit viel Tamtam kündete Elon Musk im März 2016 seinen neusten Coup an: Das Tesla Model 3. Ein Tesla wie jeder andere, aber zu einem unverschämt günstigen Preis. Für 35‘000 US-Dollar konnte plötzlich jeder sein eigenes umweltfreundliches Vehikel haben. Das Elektroauto hatte sich innert einer Präsentation zum Massenprodukt gemausert. Musks medienwirksame Inszenierung gelang: Kurz nach seiner Ankündigung bildeten sich vor Tesla-Shops auf der ganzen Welt Schlangen, wie man sie bisher nur von Apple gewohnt war. Bis zum Produktionsbeginn im Juli dieses Jahres gingen über 500‘000 Bestellungen ein, das entspricht Einnahmen von 21 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Der Nissan Leaf, das meistverkaufte Elektroauto der Welt, wurde bisher 200‘000 Mal abgesetzt.

Tesla muss sich noch beweisen.

Die jahrelangen Bemühungen des Tesla-Gründers, Elektrofahrzeuge endlich massentauglich zu machen, scheinen gefruchtet zu haben. Ob Tesla all die vorbestellten Autos rechtzeitig ausliefern wird, steht in den Sternen. Elon Musks Kommentar: Man müsse die Produktionsplanung «noch einmal überdenken.» Offensichtlich fehlt es dem US-Unternehmen an der nötigen Infrastruktur, um die Fahrzeuge in der versprochenen Frist abzuliefern. Unterdessen werden weiterhin rote Zahlen geschrieben. Der Verlust stieg von 293 Millionen auf 336 Millionen Dollar an. Die Aktionäre scheint das nicht zu beeindrucken, seit Jahresbeginn hat die Aktie 50 Prozent an Wert gewonnen. Zu gut verkauft Musk sein Produkt. Schon im September soll das nächste bahnbrechende Produkt vorgestellt werden: Ein Lastwagen, natürlich elektrisch.

Trotzdem: Tesla hat mit der Einführung des ersten Mainstream-Elektroauto Pionierarbeit geleistet. Elektrische Fahrzeuge werden solche mit Benzin- und Dieselantrieb früher oder später ablösen. Frankreichs Umweltminister verkündete bei der Vorstellung des Klimaplanes der neuen Regierung unter Präsident Macron, man wolle ab 2040 den Verkauf von Verbrennungsmotoren verbieten. Andere Länder wie Deutschland oder Grossbritannien planen ähnliche Schritte. Es ist ein klares Signal an die Autoindustrie. Die Politik will, zumindest im Strassenverkehr, weg von fossilen Energien.

Die Schweiz hat Nachholbedarf.

Das Potenzial ist auf jeden Fall riesig. In der Schweiz fuhren laut Bundesamt für Statistik 2016 knapp 0,2 Prozent der Fahrzeuge elektrisch. Dieser Wert dürfte sich in den nächsten Jahrzehnten vervielfachen. Klar, will da keiner der grossen Autokonzerne den Anschluss verpassen. Volkswagen plant mit einer Million verkaufter Elektroautos pro Jahr bis 2025 Marktführer zu werden. Und Audi hat angekündigt bis 2022 zehn Milliarden Euro in Elektroautos zu investieren.

Diese Investitionen sind nötig, denn leistungsmässig befinden sich Elektroautos noch weit unter dem Level von herkömmlichen Autos. Die Reichweite ist der grosse Knackpunkt. Sie ist deshalb ein Problem, weil der Akku, das Herzstück des Wagens, momentan noch nicht ausreichend Energie speichern kann. Beim Nissan Leaf beträgt sie zum Beispiel 200 Kilometer. Das ist nicht einmal ausreichend, um von Bern nach Zürich und wieder zurückzufahren. Neuere Modelle kratzen zwar bereits an der 600-Kilometer-Marke, verglichen mit einem Benzinauto ist das aber immer noch zu wenig. Deswegen sind staatliche Subventionen momentan unerlässlich. In Norwegen dürfen sich Besitzer von Elektroautos zahlreicher Vorteile erfreuen, wie Steuererleichterungen, Gratistanken, oder die Benutzung von Busspuren. Letzteres ist in der Rushhour Oslos besonders verlockend. In der Schweiz ist man mit solchen Bevorzugungen deutlich sparsamer und überlässt den Kantonen die Handhabung. Ab 2020 plant der Bund gar die Einführung einer Pauschalsteuer auf alle Elektroautos. Zur Mitfinanzierung der Autobahnen.

Politik unter Zugzwang.

Mit Elektroautos alleine ist es aber noch längst nicht getan. Damit diese ihr volles Potenzial entfalten, steht die hiesige Energiepolitik unter Zugzwang. Denn mit Kohlenstrom betriebene Autos bringen genau gar nichts, können, je nach Situation, gar umweltschädlicher sein. Die Stromproduktion für einen Tesla Model S verursacht 17,5 Tonnen Kohlenstoffdioxid. Der durchschnittliche Verbrauch pro Schweizer liegt bei fünf Tonnen. Ein Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor könnte laut einer schwedischen Studie acht Jahre fahren, bevor die Bilanz wieder ausgeglichen wäre. Stromverbrauch beim Fahren nicht eingerechnet.

Vollständig auf Elektroautos umsteigen könnte man in der Schweiz momentan nicht. Die Stromproduktion ist schlicht zu tief. Um das zu bewerkstelligen, müssten wir diese um 20 Prozent des momentanen Verbrauchs erhöhen. Das entspricht viermal dem AKW Mühleberg.

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