Es gab eine Zeit, da dominierten die grossen Kolonialmächte der Vergangenheit. Grossbritannien, Spanien oder Portugal waren die Herrscher der Weltmeere. Unantastbar kontrollierten sie die wichtigsten Handelswege auf diesem Planeten und wurden damit zu den einflussreichsten Staaten. Tempi passati: Die Meere sind vom Luftraum, Schiffe sind durch Flugzeuge abgelöst worden und wirkliche Supermächte sucht man heute vergebens. Die Länder mit den grössten Flotten sind nicht mehr europäisch, sondern kommen aus exotischen Ländern wie Liberia oder Panama. Der Grund ist simpel: Es geht, natürlich, um Geld und besonders im lukrativen Reedereigeschäft lässt sich viel Geld verdienen – oder sparen.

Steueroase mit Riesenflotte

Dass Küstengebiete keine rechtsfreien Räume sind, ist weitläufig bekannt. Doch selbst im tiefen Ozean, weit entfernt von jeglicher Zivilisation, herrscht zumindest theoretisch keine Anarchie. Auch auf hoher See, die von zwölf bis hin zu 200 Seemeilen vor der Küste beginnt, gibt es Regeln. Bestimmt werden sie aber von jedem Land selbst. Möglich ist das nur dank dem internationalen Seerecht, das die staatliche Souveränität in internationalen Gewässern aufrechterhalten will. Segelt ein Schiff nun in internationalen Gewässern über, ist es an die Gesetze gebunden, unter dessen Flagge es segelt. Dafür muss weder Besitzer noch das Schiff selbst aus dem Land stammen. Einzige Voraussetzung ist, dass das Schiff im entsprechenden Land registriert ist und somit dort diverse Steuern entrichten.

Hier kommen die eigentlichen Exoten ins Spiel. Als Beispiel eignen sich die Kaimaninseln. Eine kleine Inselgruppe, britisches Überseegebiet in der Karibik. Allgemein bekannt als Steueroase, alleine in der Hauptstadt George Town sind über 200’000 Firmen registriert und machen sie damit zum fünftgrössten Finanzplatz der Welt. Die Kaimaninseln sind aber nicht nur für attraktive Steuergesetze bekannt. Auch ihr unvollständiges Seerecht, lasche Umweltgesetze sowie billige Registrierungskosten und tiefe Steuern machen es damit zu einem beliebten „Hafen“ für Schiffe weltweit. Die Nummer eins in Sachen Schiffsregistrierungen ist Panama, das ebenfalls eine Steueroase ist. Die Kriterien sind denkbar simpel. Um unter panamaischer Flagge zur See zu fahren, muss einzig ein Internetdokument ausgefüllt werden. Länder wie diese werden vor allem von Schiffen missbraucht, um strengere Gesetze und höhere Ausgaben zu umgehen. So sind es meist Fischtanker unter liberianischer oder panamaischer Flagge, die die Meere leerfischen.

Binnenstaat als Schlupfloch

Wie absurd diese Gesetzgebung werden kann, zeigt das Beispiel der Mongolei. Ein Binnenstaat in Ostasien, der trotz seiner ferne zur See eine beträchtliche Flotte aufweist. Dass die Regierung kein Gesetz über die Nutzung des Meeres erlassen hat, spricht für sich. Die Mehreinnahmen nimmt man dagegen gerne an. Dasselbe gilt für die Schweiz, die eine beträchtliche Anzahl von Booten registriert hat, im Gegensatz zu der Mongolei über gut ausgebaute Umweltrichtlinien verfügt.

Auch in Zukunft werden fundamentale Umweltprobleme wie die Überfischung der Meere nur durch ein einheitliches allumfassendes Seerecht gelöst werden können. Es würde Ländern den Anreiz an laschen Gesetzen nehmen und für mehr Gleichheit auf hoher See sorgen.

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