Am 23.02.2025 ist es so weit: Deutschland wählt seine Volksvertreter für den Bundestag. Diese Wahl ist richtungsweisend, denn die politische Landschaft hat sich seit der letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 deutlich verändert. Damals endete die von der Union geführte «Grosse Koalition» aus CDU/CSU und SPD. Die Sozialdemokraten unter Olaf Scholz bildeten gemeinsam mit den Grünen und der FDP die sogenannte «Ampel-Koalition». Doch dieses Bündnis hielt nicht bis zur heutigen Wahl: Im November letzten Jahres zerbrach die Ampel-Regierung, als Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entliess.
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Die politische Landschaft ist in Bewegung. Die traditionellen Volksparteien CDU/CSU und SPD stehen unter Druck, während die rechtspopulistische AfD Umfragen zufolge zur zweitstärksten Kraft im Bundestag werden könnte. Doch die Frage bleibt: Welche Koalitionen sind nach der Wahl denkbar? Und welche werden trotz rechnerischer Mehrheiten ausgeschlossen?

Mögliche Koalitionen – Ein Überblick
Grosse Koalition (Union & SPD): Die Grosse Koalition ist ein altbewährtes Modell, das Deutschland in der Vergangenheit mehrfach regiert hat. Sie gilt als stabil, aber auch als unbeliebt, da sich beide Parteien gegenseitig blockieren könnten. Wähler kritisieren oft, dass durch dieses Bündnis echte Opposition im Bundestag fehle. Dennoch könnte es zu einer Neuauflage kommen, wenn keine anderen Mehrheiten möglich sind. Die Union und die SPD haben sich immer wieder gegen eine erneute Grosse Koalition ausgesprochen. Die politische Realitäten könnten sie dazu zwingen, ihre Haltung zu überdenken. Die SPD wird in einer solchen Konstellation das Kanzleramt an die Union verlieren, da die CDU als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen wird – zumindest laut Umfragen.

Union & AfD: Diese Konstellation ist bislang von der Union klar ausgeschlossen worden. Die AfD wird als rechtspopulistisch und teilweise rechtsextrem eingestuft, weshalb eine Zusammenarbeit mit ihr nicht infrage kommt. Dennoch bleibt abzuwarten, ob sich dieser Ausschluss in Zukunft halten lässt. Sollte die AfD besonders stark abschneiden, könnte sich der Druck auf die Union erhöhen. Allerdings würden viele CDU/CSU-Mitglieder einen solchen Schritt nicht mittragen. Doch international scheint diese Koalition an Beliebtheit zu gewinnen. Die AfD ist der neuen Trump-Regierung freundlich gesinnt und auch JD Vance und Elon Musk sind grosse Freunde der AfD.
Union & Grüne: Eine Zusammenarbeit zwischen der Union und den Grünen wäre in einigen Punkten denkbar. Dies wäre nicht die erste Koaltion dieser Art. Schon in verschiedenen Landtagen arbeiten die Grünen und die CDU zusammen. Während die Grünen verstärkt Klimaschutzmassnahmen fordern, könnte die Union wirtschaftsfreundliche Lösungen beisteuern. Allerdings gibt es erhebliche Differenzen, etwa in der Migrations- oder Sozialpolitik. Zudem hat die CSU bereits mehrfach betont, dass sie eine Zusammenarbeit mit den Grünen ablehnt. Sollte es jedoch keine andere Mehrheit geben, könnten sich beide Seiten zu einer pragmatischen Einigung gezwungen sehen.
Kenia-Koalition (Union, SPD & Grüne): Diese Dreierkoalition, benannt nach den Farben der kenianischen Flagge, könnte eine stabile Mehrheit im Bundestag sichern. Die Union würde hierbei den Kanzler stellen, während SPD und Grüne wichtige Ministerien besetzen könnten. Allerdings wäre ein solches Bündnis von schwierigen Kompromissen geprägt. Die SPD und die Grünen würden beispielsweise in sozialen Fragen eine andere Agenda verfolgen als die wirtschaftsorientierte Union. Trotzdem könnte diese Koalition eine Alternative sein, falls keine Zweierbündnisse eine Mehrheit erreichen.
Ampel-Koalition (SPD, Grüne & FDP): Die bisherige Regierungskoalition stand schon vor ihrem Zerfall vor erheblichen Herausforderungen. Die FDP fühlte sich immer wieder als Juniorpartner übergangen und kritisierte zahlreiche Massnahmen der Regierung, insbesondere in der Haushaltspolitik. Eine Neuauflage der Ampel ist daher unwahrscheinlich, es sei denn, die Parteien können nach der Wahl eine gemeinsame Basis finden. Sollte die FDP jedoch zu grosse Verluste erleiden, könnte sie sich komplett aus einer solchen Konstellation zurückziehen.
Rot-Rot-Grün (SPD, Grüne & Linke): Eine rot-rot-grüne Koalition wurde bei den letzten Wahlen immer wieder diskutiert. Die Realisierung war aber aufgrund der Schwächung der Linken nicht möglich, welche damals nur knapp davon kam. Die Linke hat in den letzten Jahren stark an Wählerzuspruch verloren und könnte unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen. Die jüngsten Umfragen zeigen aber, dass sie wieder an Zuwachs gewinnt und wieder mittlerweile bei 7% ist.
Innerhalb der SPD gibt es aber Widerstand gegen eine Zusammenarbeit mit der Linken, insbesondere in der Aussenpolitik. Sollte die Linke dennoch verstärkt in den Bundestag einziehen, wäre eine solche Koalition möglich, aber politisch schwierig umzusetzen.

Union, FDP & BSW: Während die Union klar als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgehen wird, ist die Zukunft der FDP und der neuen Partei BSW ungewiss. Das BSW war bei den Landtagswahlen am 1. September 2024 noch die drittstärkste Kraft in Thüringen und Sachsen. Jetzt muss die Partei nun um den Einzug in den Bundestag bangen. Mögliche Gründe dafür sind die noch fehlende Etablierung auf Bundesebene. Ein unklar definiertes Wahlprogramm sowie der Parteiname lassen die junge Partei intransparent wirken. In Thüringen existiert bereits eine Koalition aus BSW und Union. Auch eine Koalition zwischen FDP und Union wäre denkbar, da beide Parteien inhaltlich nah beieinanderliegen. Allerdings erscheint dies aufgrund der aktuellen Schwäche sowohl der FDP als auch des BSW als unwahrscheinlich. Selbst wenn sie den Einzug in den Bundestag schaffen, dürften sie nur unbedeutende Randerscheinungen bleiben.
Deutschland vor einer ungewissen Zukunft
Die heutige Wahl wird die Weichen für die nächsten Jahre stellen. Welche Koalition sich am Ende durchsetzt, hängt nicht nur von den Wahlergebnissen, sondern auch von politischen Absprachen und Kompromissen ab. Während einige Bündnisse aus rein rechnerischer Sicht möglich wären, scheitern sie oft an ideologischen Differenzen und parteiinternen Widerständen.
Eine der wichtigsten Fragen wird sein, wie sich die Wähler zu den bisherigen Regierungsparteien stellen und ob es zu einer weiteren Stärkung der politischen Ränder kommt. Sollte die AfD massiv zulegen, könnten sich neue Debatten über Koalitionsoptionen und Ausschlüsse entfalten. Ebenso wird entscheidend sein, wie sich die FDP positioniert und ob sie nach den internen Konflikten der vergangenen Legislaturperiode erneut in eine Regierung eintreten will.
Sicher ist: Die politische Landschaft in Deutschland steht vor einem Umbruch, und das Wahlergebnis wird erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Regierungsbildung und die Stabilität des Landes haben.