Nonne und Popkultur? Ja, das war die Schwester Corita Kent. Sie kämpfte mit ihrer Kunst aktiv gegen den Vietnamkrieg, Welthunger, soziale Ungerechtigkeit und der Neuorientierung der katholischen Kirche. In diesem Artikel erfährst du alles über die ausserordentliche Künstlerin.
Ihr Kunstweg
Sie wurde 1918 in Iowa als Frances Elizabeth Kent in eine grosse katholische Familie geboren. Die Familie zog oft um, und fand ihr Zuhause auch in Hollywood, das damals noch nicht berühmt war.
Schon früh zeigte sie ihre Begeisterung für das kreative Schaffen. Ihre Eltern erkannten ihr Talent und unterstützten sie. Nach dem Abitur an einem Mädchengymnasium setzte sie ihre künstlerische Laufbahn fort. Diese Schule wurde von der Gemeinschaft der Nonnen des Unbefleckten Herzens geleitet, in die sie im Jahr 1936 als 18-jährige mit dem Schwesternamen Corita (kleines Herz) eintrat und an deren Hochschule, dem Immaculate Heart College, sie dann studierte. Während ihres fünfjährigen Studiums absolvierte sie eine einjährige Ausbildung zur Kunsterzieherin.
Nach ihrem Bachelor im Jahr 1941 blieb sie in der Ordensgemeinschaft und wurde Lehrerin in British Columbia, Kanada. Nach drei Jahren kehrte sie zurück und setzte ihre Lehrtätigkeit am Immaculate Heart College fort. Gleichzeitig absolvierte sie an der University of Southern California ein Masterstudium in Kunstgeschichte. Im letzten Jahr ihres Studiums lernte sie mehr über den Siebdruck, der in ihrem Leben eine grosse Rolle spielte. Einer ihrer Werte war, dass Kunst für jeden erschwinglich und für viele zugänglich sein sollte. Da war der Siebdruck das ideale Medium.
Die neue Corita

The Lord is with Thee
1952 ging es richtig los. Mit ihrem Druck The Lord is with Thee gewann sie den ersten Preis bei zwei Druckwettbewerben, dem Los Angeles County und der California State Fair.
Dieser Druck ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Corita von der mittelalterlichen Kunst inspirieren liess.
Corita endeckt Pop
Ende der 1950er Jahre reiste sie mit Maria Magdalena, ebenfalls Ordensschwester, durch Europa und Ägypten. Dabei sammelten sie Kunst für die Sammlung des Immaculate Heart College.

Wonderbread
Nach dem Besuch einer Ausstellung von Andy Warhol 1962 wandelte sich ihre Kunst zum Pop. So entstand ihr erstes Pop-Art-Bild Wonderbread. Die Ovale stellen die Hostien dar, das Leib Christi.
They may have life (Enriched Bread)
Der Druck They may have life (Enriched Bread) ist ein gutes Beispiel dafür, wie Corita das Christentum mit der modernen Welt verband. In ihren Werken wiederfindet sich die religiöse Seite von Corita.

Ihre Bilder wurden bunter und grösser. Sie liess sich von Werbelogos, Verpackungen, Zitaten der Beatles und der Bibel inspirieren. Sie nahm Strassenschilder und verwandelte sie in Drucke mit einer Botschaft. Sogar Hollywood wurde zu ihrer Inspirationsquelle, denn Hollywood erlebte zu dieser Zeit einen Wandel des Films, der Musik und der Mode.
Corita – eine bekannte Künstlerin
Sie wurde so bekannt, dass sie sogar zu einer von neuen Frauen des Jahres von Los Angeles Times gekürt wurde.


Ebenfalls wurde sie auf dem Cover der Newsweek Magazine im Jahr 1967 vorgestellt.
Corita als Kunstlehrerin
Während ihrer künstlerischen Laufbahn war sie nicht nur eine bekannte Künstlerin, sondern auch eine bekannte Kunstpädagogin, da sie ihre eigene Art zu unterrichten hatte.
Sie nahm ihre Studenten mit in die Stadt und liess sie mit einem Viewfinder die Umgebung studieren und sich inspirieren. Sie schuf für ihre Studenten eine Umgebung, in der sie sich wohl fühlten, keine Angst hatten, Experimente zu wagen und ihre Gedanken zu öffnen.
Im Jahr 1964 wurde sie sogar zur Leiterin der Kunstabteilung am Immaculate Heart.

Corita und das Zweite Vatikanische Konzil
Das Zweite Vatikanische Konzil war eine Reformversammlung, die zwischen 1962 und 1965 in Rom stattfand und der Modernisierung der katholischen Kirche diente. Wichtige Punkte waren, sich mehr mit anderen Religionen auszutauschen und weniger die lateinische Sprache in den Gottesdiensten zu verwenden, sondern die Sprache, die im Land gesprochen wird. Ausserdem sollte die Musik im Gottesdienst gefördert werden. Kurz: Die katholische Kirche sollte offener und liberaler werden.
Die Schwestern der Gemeinschaft des Unbefleckten Herzens freuten sich über diese Neuorientierung und versuchten, ihre Gemeinschaft an das moderne Katholisch-Sein anzupassen und es durchzusetzen.
Coritas Kampf gegen Kritik
Doch der Gegenwind, der den Reformen und den Schwestern in Los Angeles entgegenschlug, war stark. Dem Erzbischof von Los Angeles, Kardinal Hames Francis McIntyre, missfielen Coritas Ideen und Neuerungen, die Kirche liberaler und moderner zu gestalten, sowie die christliche Werte auf eine andere Art zu zeigen.

Let the sun shine in
Dieser Druck, let the sun shine in, spiegelt den Druck wieder, den sie von der Erzdiözese (führendes Amtsgebiet eines Bischofs einer Kirchenprovinz) verspürte.
Es zeigt Papst Johannes XXIII, der das Zweite Vatikanische Konzil ausgerufen hat, und die Inschrift «Let the sun shine in».
Corita appellierte mit diesem Druck an die Verantwortlichen in der Kirche, endlich die Neuorientierung der Kirche zu akzeptieren und die Sonne hereinzulassen.
Im Jahr 1968 war Corita des Drucks, der ständigen Termine und ihrer wachsenden Berühmtheit müde und nahm eine Auszeit. Sie wollte nach einem Jahr zurückkehren, aber nach einem Jahr Pause beschloss sie, den Orden des Unbefleckten Herzens zu verlassen und nicht mehr zu unterrichten. Zwei Jahre später trat der gesamte Orden aus der katholischen Kirche aus, da die Kritik der Erzdiözese nicht nachliess. Er wurde eine ökumenische Laiengemeinschaft (Gemeinschaft von Christen unterschiedlicher Konfessionen).
Neuer Lebensabschnitt
Befreit von der kirchlichen Zensur, wurde ihr Werk radikaler und ihre politische Haltung in ihrer Kunst sichtbarer. Ihre Themen waren Welthunger, Bürgerrechte, Armut und der Vietnamkrieg.
Heroes and Sheores
Zwischen 1968 und 1969 schuf sie eine Serie von Radierungen mit dem Titel Heroes and Sheores. Diese Serie zeigt, wie Corita aktiv gegen Ungerechtigkeit kämpfte. Meistens nahm sie Bilder aus Zeitungen, schrieb Zitate aus Liedern und ihre Gedanken dazu.


Bostongas
Die Erfolge reissen nicht ab, wie hier bei der Gestaltung eines Gasbehälters der Boston Gas Company.
Eine Ära geht zu Ende
Nach dieser turbulenten Zeit wurden ihre Werke ruhiger. Sie war des Aktivismus müde geworden. Auch gesundheitlich war sie angeschlagen: 1974 wurde bei ihr zum ersten Mal Krebs diagnostiziert.
Live the moment
Dieser Druck spiegelt die Müdigkeit wider, die Corita in ihren letzten Tagen verspürte. Es ist weniger grell und ruhiger.


We can create life without war
Obwohl es ruhiger um sie geworden ist, sind die Aufträge nicht weniger geworden. So gestaltete sie zum Beispiel das Plakat We can create life without war für die Organisation Physicians for Responsibility.
Each child
1977 erkrankte sie zum zweiten Mal an Krebs und starb im September 1986. Ihre Kunstwerke und Urheberrechte wurden der Gemeinschaft des Immaculate Heart College vermacht, die das Corita Art Center gründete.

Heute
Das Corita Art Center ist ein Projekt, das das Erbe Coritas bewahrt und verbreitet, und organisiert Ausstellungen und Vorträge. Besuche die Website von Corita Center, um mehr über Corita’s Nachlass zu erfahren.

Love is hard work
Für mich sind ihre Werke immer noch sehr aktuell – Krieg, Welthunger, Diskriminierung wüten immer noch auf der Welt und da sind ihre Werke zutreffend.
In der online Kollektion findest du alle ihre Werke und vielleicht findest du sogar dein Lieblingswerk. Schreib es mir gerne in die Kommentare.
Quellen
- Titelbild
- the lord is with thee (1952)
- wonderbread (1962)
- they may have life (1964)
- Los Angeles Times
- Newsweek Magazine
- Corita als Kunstlehrerin
- Let the sun shine in (1968)
- Newsweek (1969)
- Bostongas (1971)
- love the moment (1977)
- We can create life without war (1983)
- each child (1985)
- love is hard work (1985)