Eine Schnecke kriecht über den Bildschirm und entdeckt einen grossen bunten Lollipop, in den sie prompt hineinbeisst. Dabei hat sie nicht mit der Härte des Lollis gerechnet und klirrend fallen ihr alle Zähne aus. Entgeistert und traurig starrt sie auf die Überreste, bis ihr plötzlich ein Geistesblitz kommt und die Schnecke eilig loskriecht. Tage und Nächte ist die unterwegs, bei Regen und bei Sonnenschein, doch schliesslich kommt sie bei ihrem Haus an, verschwindet darin und nur noch Hämmern und Bohren ist zu hören. Endlich schlüpft sie wieder hervor und präsentiert, breit grinsend ihr neues Gebiss, welches die grossen Letter präsentiert:
Chiyoko ist ein internationales Animation Film Festival, das jährlich in Zürich stattfindet. Dabei erhalten junge Animationsfilmer aus der ganzen Welt die Chance, ihre Werke zu präsentieren und vielleicht sogar einen Preis zu gewinnen. Die Filme, die dabei entstehen sind so unterschiedlich wie die Macher selbst und in unzähligen Sprachen vertreten, was das Ganze noch viel interessanter macht. Es ist krass, wie wunderschön und originell die Filme geworden sind, wobei ich, ein wenig wehmütig, denke, dass ich niemals auch nur ein Werk auf die Leinwand bringen würde, welches dem Niveau der jüngsten Filmemacher gerecht würde.

Und immer mehr wird mir bewusst, wie aufwändig so ein Animationsfilm ist, wie viel Arbeit in drei Minuten Film steckt und wie viele Arten des Animationsfilms es überhaupt gibt. Da gibt es zum Beispiel solche, die komplett aus Knetmasse hergestellt wurden. Liebevoll wurde jede Bewegung nach jeder Einstellung verändert, was in ein paar Minuten gezeigt wird, und doch Stunden der Arbeit bedeutet haben. Andere Filme wurden gezeichnet. Zum Beispiel ein Film aus Russland, der den Kampf zwischen Hund und Katze, dargestellt als eine Abhandlung des Tricks mit dem hölzernen Pferd Trojas, erzählt. Dann sind unter den Filmen auch noch solche, die beinahe Kino-Niveau erreicht haben. Und irgendwann, zwischen der Geschichte einer Figur, die mit Hilfe der Schwerkraft samt ihrer Möbel durch die Wohnung schwebt und dem Film, der die Darstellung des Krieges und der Bomben als krasses Spiel von Kindern porträtiert, frage ich mich. Woher nehmen all diese Leute die Geduld, um so etwas zu schaffen. Besonders, da viele davon sehr junge Kinder sind. Sie schaffen mühevoll und tagelang daran, um es drei Minuten zu präsentieren. Je länger ich darüber nachdenke, desto grösser wird mein Respekt für die wunderschöne Arbeit, die wir bewundern durften.

Präsentiert werden die Filme in drei Blöcken, nach Altersklassen geteilt und unterbrochen jeweils von einer kurzen Pause, in der man sich mit etwas zu Essen stärken, ein Los erwerben, wo viele Preise winken, oder an einem gemeinsamen Animationsfilm mit Legos arbeiten kann, der übrigens auf der Webseite des Chiyoko ist. Untermalt wird die großartige Stimmung durch eine Live band, welche unermüdlich mit einem Song nach dem anderen begeistert. Übrigens werden nicht nur Animationsfilme gezeigt. Auch ein schweizer Kinderbuchautor war da und hielt eine Lesung zu seinem Erstlingswerk «Mounteens», ein Kinderkrimi, in dem vier junge Detektive vom fiktiven Ort Bad Lärchenberg in der Schweiz spannende Fälle lösen und dabei immer wieder in brenzlige Abenteuer geraten. Übrigens schrieb der Autor, Marcel Naas, die Mounteens als erstes für seine beiden Söhne, die unbedingt eine gute Detektivgeschichte lesen wollten. Im Moment ist dieses Buch im Gespräch, als Animationsfilm adaptiert zu werden und hoffentlich bald über die Fernsehschirme zu flimmern.

Zum Schluss wurden Gewinnerfilme gewisser Kurzfilmwettbewerbe der Schweiz gezeigt. Besonders der Film «Und die Maden schwimmen», Gewinner des Pitching Wettbewerbs «Klappe auf!», der fantastisch gut und dennoch sehr makaber und verstörend war, stellte einen krassen Gegensatz zu den Animationsfilmen dar.

Die Gewinner des Chiyoko, sowie alle weiteren Informationen über das Festival findet ihr hier.

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