Wir sind noch immer auf Zeitreise in Wien des Jahres 1913. Während wir die Geschichte des jungen Schlossers und des gescheiterten Kunststudenten aufgedeckt haben (wer es noch nicht weiss, dringend Teil 1 lesen). So dreht es sich jetzt um einen fast unbekannten politischen Journalisten und dessen unhöflichen Gast und wie beide schon fast allein ein ganzes Land revolutionieren.

Familienvater mit wilden Ideen

Trotzki mit seiner Tochter aus erster Ehe (1915)

Viel zu tun gab es für den Schreiberling in diesen Tagen. Erst vor einem Jahr hatte der unter dem Namen Lev Bronstein geborene Russe sich auf in den Balkan gemacht – mitten in den Krieg als Sonderkorrespondent rein. Jetzt, 1913 ein Jahr später endlich zurück in Wien freut er sich endlich seine wunderschöne Frau Natalja und die beiden Jungs Sergej und Lew wiederzusehen. Schnell fand er sich in seinen Wiener Alltag wieder. Er konnte endlich wieder in sein Lieblingslokal dem Cafe Central, mit Sergei und Lew Fussball oder Handball spielen im Park oder mit Natalja ihre riesige Bibliothek durchkunden. Doch die Familie musste ebenso der Arbeit weichen. Seine Heimat das Zarenreich Russland war im Aufbruch und er wusste was zu tun war; eine Revolution musste man starten. Verbündete fand er schnell. Im Büro und dem Haus an der Sieveringer-Strasse gingen die Gäste nur so ein und aus. Doch einer kam ihm seltsam vor ein gewisser Herr Dschugaschwili welcher ausgerechnet direkt aus Russland zu ihm geschickt worden ist.

»als sich die Tür plötzlich nach einem Klopfen öffnete und ein unbekannter Mann eintrat. Er war klein… dünn… Pockennarben bedeckten seine graubraune Haut… Ich sah nicht den geringsten Anflug von Freundlichkeit in seinen Augen.«

Nachdem Herr Dschugaschwili gegangen war schrieb Bronstein oder wie er sich ab 1902 nannte Leon Trotzky über seinen Gast weiter

 » Dann ging er so leise hinaus, wie er gekommen war, und hinterließ bei mir einen sehr deprimierenden, doch ungewöhnlichen Eindruck. Oder vielleicht warfen die späteren Ereignisse einen Schatten auf unsere erste Begegnung.«

Denn die Wege des Herrn Dschugaschwili und des Herrn Trotzky sollten sich noch öfters treffen. Doch erstmal zur Vergangenheit des Herrn Dschugaschwili:

Rebell mit wilden Ideen

Bild des Georgiers zwischen 1913/14

Der in Georgien geborene Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili (keine Panik später gab er sich einen weitaus einfachen Namen) kam im Januar 1913 in ein zugeschneites Wien an. Wobei es gegenüber dem russischen Winter wohl gar nix war. So wurde der Georgier auf anraten seines Freundes und Politischen Idols in die Café-Metropole geschickt, um einen Bericht über die multikulturelle Wiener Gesellschaft zu schreiben. Für den in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsenen Mann war Wien eine Offenbarung. Europäische Kultur das bekam man in Georgien nicht so mit. Dazu wurde er noch sein halbes Leben lang von der Polizei gejagt oder musste in Verbannung leben. Na gut, wer mit linken Rebellen gemeinsame Sache macht oder die Reichsbank von Tiflis (Georgiens Hauptstadt) überfällt, musste sich da nicht so wundern gejagt zu werden, dachte er wohl manchmal. Jedenfalls musste er seinem Freund in Russland recht geben, Wien war ein voller Erfolg ebenso wie sein dort geschriebener Artikel «Marxismus und die nationale Frage».

Doch dieser Herr Trotzky, nein der war ihm nicht so geheuer. So schrieb er über das erste Zusammentreffen:

Trotzky sei ein »marktschreierischen Athleten mit falschen Muskeln«.

Die Feindschaft der Beiden sollte jedoch noch ganz woanders seinen Höhepunkt finden. Wobei der werte Herr Dschugaschwili sich schon ab 1912 einen weitaus anderen Namen gab. Den Namen welchen ihn als Diktator noch bekannt werden lies; Stalin.

Viva La Revolution oder Viva La Stalin?

Über Umwege finden beide schliesslich mitten hinein in die Russische Revolution. Das eigene Volk stellt sich gegen den Zaren und will selbst eine Regierung bilden. Schliesslich triumphiert das Volk und an der Spitze der neugegründeten Sowjetunion steht Stalins russischer Freund Lenin. Trotzki welcher früher im Streit mit Lenin lag versöhnte sich mit ihm 1915 in der Schweiz und wurde von da an einer seiner wichtigsten Männer, neben Stalin. So wird Stalin Politik Kommissar während Trotzky Kriegskommissar wird. Schon damals krachten die beiden immer wieder gegeneinander, Höhepunkt war als die junge Sowjetunion gegen Polen in den Krieg zog. Dort entsteht die vollkommene Feindschaft der beiden da keiner die Befehle des anderen annehmen will.

Stalin (rechts in Weiss) und Trotzki (andere Seite Sarges ebenso in Weiss) tragen Lenins Sarg

Als 1924 schliesslich Lenin infolge zweier Herzinfarkte stirbt ist klar, einer von beiden wird die Führung der gesamten Sowjetunion übernehmen. Stalin schafft es schliesslich ebenso durch die Medien Lenin vollkommen zu isolieren und schliesslich aus der Sowjetunion zujagen. Denn später wird keiner sicher mehr sein vor Stalins eiserner Herrschaft.

Stalins Gräueltaten gingen ebenso in die Geschichte wie Hitlers Verbrechen. Trotzki welcher sich über Umwege nach Mexiko absetze wird schliesslich von einem russischen Agenten im Auftrag Stalins erschlagen. Wobei alles begann mal wieder in Wien 1913 wo ein »marktschreierischen Athleten mit falschen Muskeln« auf einen Mann mit «nicht den geringsten Anflug von Freundlichkeit in seinen Augen« traff. Österreichs Hauptstadt war schliesslich damals mit das Kulturzentrum Europas doch ist es erstaunlich das so unbekannten «Nachbarn» die Geschichte so veränderten.

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1 Comment

  1. Cyrill Pürro Reply

    Wie bereits der 1. Teil sehr interessant geschrieben. Es macht Spass, vom Wortschatz, wie aber von der Satzgliederung her, deine Berichte zu lesen. An manchen Stellen haben sich noch ein paar Rechtschreibefehler eingeschlichen, aber sonst wirklich gut!

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