Seit einem Monat patrouillieren Securitas der Firma Pantex in der Stadt Solothurn. Mit der Aufschrift «Ruhe und Ordnung» zirkulieren sie an den Wochenenden besonders am sogenannten «Mürli», dem Ort, an dem sich die Ausgänger*innen der Stadt am häufigsten befinden. Doch gleich bei ihrem ersten Auftritt stossen die Sicherheitskräfte nicht nur auf Zuspruch bei der einheimischen Bevölkerung. Die Stadtregierung zieht aber nach einem Monat des Politprojektes eine positive Resonanz.

Es war eine warme, sommerliche Nacht in der Stadt Solothurn am Freitag, dem 05. Juli dieses Jahres. Die Aare floss ruhig an den barocken Bauten entlang, ab und zu liessen sich Grillen hören. Es schien wie eine gewohnt friedliche Nacht in der kleinen Stadt. Doch der Schein trug. Auf einmal war ein Knall zu hören, ausgelöst durch eine Serie von Böllern auf der solothurnischen Wengibrücke. Nach dieser Aktion schien die sonst idyllische Barockstadt in Tumult zu verfallen. Bierflaschen zerborsten auf der Strasse am «Mürli», mit weisser Kreide wurde auf den Beton geschrieben: «Gegen Sicherheit durch Machtdemonstration!» und eine Gruppe von etwa zehn Personen lehnten sich gegen die Sicherheitskräfte auf. Noch Stunden nach diesem eigentlich kurzen Vorfall, befanden sich Securitas der Pantex AG in Diskussionen mit Solothurner Ausgängern und der örtlichen Polizei. Doch was war der Auslöser dieser Unruhen in dieser Nacht und wie sieht die Situation heute, nach einem Monat, aus?

 

Die Kampagne für ein ruhiges, tolerantes Nachtleben

Begonnen hat alles mit der Kampagne «I ha Sorg zu üsere Stadt. Und du?», welche von Einwohnern und Gastrobetreibern in Gang gesetzt worden war. Um die Solothurner*innen vor Lärmbelästigungen zu schützen und Gewaltakte zu unterbinden, wurde beschlossen, Security-Patrouillen der Pantex AG einzusetzen. Angenommen wurde die Petition in einer Volksabstimmung der Gemeinde Solothurn. Die Stadtregierung und die Gastrobetreiber wollen damit erreichen, dass das Solothurner Nachtleben sicherer, ohne Zwischenfälle ausgelassen gefeiert wird und die Mitarbeiter in den Betrieben ihrer Arbeit in Ruhe nachgehen können. Gegenüber der Solothurner Zeitung sagt Lea Jaussi, Betreiberin des Gastrobetriebs «Salzhaus»: «Ich bin überzeugt von diesem Projekt, es soll den Jungen helfen, den rechten Weg einzuschlagen» Als Solothurner*in kann man sich an dieser Stelle trotzdem die Frage stellen: Inwiefern ist das in unserer eigentlich ruhigen und sicheren Stadt nötig?

 

Reklamationen haben sich gehäuft

Laut der Solothurner Zeitung, haben sich bereits vor zwei Jahren Ausgänger*innen über die neuen Gesetze empört. Bewilligungen für Gastrobetreiber und Partyveranstalter mussten her, um länger als zwei Uhr in der Nacht geöffnet zu haben oder Veranstaltungen überhaupt stattfinden zu lassen. Grund für die Beschränkungen des öffentlichen Lebens in der Stadt sind Beschwerden der Anwohnerschaft über Lärm und Sachbeschädigungen. Doch das trifft bei vielen, vor allem jungen Ausgänger*innen, auf Unverständnis. Diese sind der Meinung, dass man mit einem Einzug in eine Stadt auch mit Lärm konfrontiert werden würde, vor allem am Wochenende. «Wem das nicht passt, sollte meiner Meinung nach nicht in eine Stadt ziehen», sagt ein Passant aus.

 

Ausgänger*innen fühlen sich provoziert

Dann, am Freitag dem 05. Juli, bestritten die Securitas ihren ersten Einsatz. Doch statt für Ruhe und Ordnung zu sorgen, lösten die uniformierten Männer und Frauen Lärm und Tumult aus. Die Solothurner Zeitung berichtet von mehreren Vorfällen, die sich in der Nacht von Freitag auf Samstag ereignet hatten. Vor Mitternacht wurden diverse Feuerwerkskörper auf der Wengibrücke gezündet, was als offensichtliche Protestaktion gegen die Sicherheitskräfte verstanden wurde. Etwa zwei Stunden später kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Uniformierten und angetrunkenen Ausgänger*innen. Als die Polizei eintraf, traten dann einige, hitzige Diskussionen zwischen den Beamten, den Angetrunkenen und den Securitas ein, während sich andere Besucher der «Barock Bar» oder des Lokals «Red John» ebefalls über die Situation empörten und sich immer mehr in die Gespräche einmischten. Grund für die Ausschreitungen war nicht zuletzt die Ausrüstung der Sicherheitsleute. Diese trugen auf ihrer Patrouille Schlagstock und Pfefferspray mit sich, was nicht nur im Rauschzustand bedrohlich wirken kann. Die Lage schien sich dann gegen drei Uhr morgens noch einmal zu zuspitzen. Ein Fahrradfahrer fuhr mit laut eingestellter Musik neben dem Geschehen vorbei und wurde von den Sicherheitsleuten gewaltsam vom Fortbewegungsgegenstand gerissen. Ob dieser dies mit Absicht getan hatte, um noch mehr zu provozieren, ist unklar.

Am darauffolgenden Samstagmorgen war dann ein Banner mit der Botschaft: «Rue de Blamage. Scheiss auf Nachtruhe» an der Wengibrücke zu sehen, welches wahrscheinlich nach den Ausschreitungen montiert wurde. Eine Streife der Polizei räumte das Banner nach wenigen Minuten wieder weg. Auch die Politik schaltet sich nun ein. «Es kann nicht sein, dass hier am «Mürli» Sicherheitsleute mit Schlagstöcken und Pfeffersprays umherlaufen. Wir werden unsere Anliegen bei den Organisatoren der Kampagne und der Stadtregierung rückmelden und gemeinsam nach einer Lösung suchen, die allen Beteiligten entspricht», erklärt Aileen Jenni, Präsidentin der JuSo Solothurn.

 

Verbesserung der Kampagne durch Kooperation

Mittlerweile haben sich die Gemüter um die «blöden Weihnachtsmänner», wie die Securitas von diversen Personen beleidigt wurden, wieder gelegt. Das Projekt zeigte in Sachen Drogenmissbrauch und Gewalt eine positive Resonanz. Seit dem Start des Projektes waren keine Meldungen über Probleme, Zwischenfälle oder Ruhestörungen mehr eingegangen, so die offizielle Webseite der Stadt Solothurn. Auch der kritische Teil der Bevölkerung hätte gemerkt, dass die «Aufpasser» nicht da sind, um jeden Spass zu unterbinden, sondern lediglich für ihre Sicherheit sorgen. Die Pantex AG zeigt sich zudem kooperativ: Schlagstöcke und Pfeffersprays sollen künftig an Patrouillen zu Hause bleiben.

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