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Mazlum Bektas

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Die wohl teuerste Bildungsoffensive seit der Erfindung des Dreisatzes: Studiengebühren sollen steigen. Nicht ein bisschen. Nein, gleich exponentiell! Heute zahlen Studierende durchschnittlich 1445 Franken pro Jahr an Studiengebühren. Bald soll das Studium doppelt so viel kosten. Willkommen in der Schweiz, wo das Studium bald so viel kostet wie ein durchschnittlicher (Vollzeit-Studenten-)Monatslohn – in Butter, nicht in Franken!

Denn in der Welt der Schweizer Politik, wo Entscheidungen oft so zäh sind wie kalte Butter auf einer frisch servierten Rösti, hat man endlich einen Weg gefunden, Studierende wirksam zu entlasten – durch zusätzliche Belastung. Genial. Der Bundesrat, beseelt vom Sparfieber, greift nun ausgerechnet jene an, die später einmal den Fachkräftemangel ausbaden sollen. Man nennt das „vorausschauende Politik“. Ich nenne es: Butterbrotdenken – viel Verpackung, wenig Nährwert.

Studieren? Nur für die mit dickem Portemonnaie

Die geplanten Erhöhungen der Studiengebühren dürfte wohl eine der umstrittensten Massnahmen der neuen Sparpolitik sein. Während ausländische Studierende bereits heute mit hohen Gebühren konfrontiert sind, sollen nun auch inländische Studierende tiefer in die Tasche greifen. Die Argumentation? Hochschulbildung sei eine Investition in die eigene Zukunft – und wer später mehr verdient, soll auch mehr für sein Studium zahlen. Man profitiere ja später auf dem Arbeitsmarkt.
Nach dieser Logik müsste man beim Kauf eines Velohelms auch 500 Franken Versicherungsvorschuss zahlen, so könnte man in zehn Jahren einen Unfall vermeiden und damit dem Gesundheitssystem Kosten sparen. Wer so denkt, muss mal einen Kurs in Kausalität belegen – vielleicht erst dann, wenn er sich das Studium wieder leisten kann.

Höhere Bildung ist ein gesellschaftliches Gut. Eine gut ausgebildete Bevölkerung ist das Fundament für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Wer an der Bildung spart, spart nicht an einer Kostenstelle, sondern an der Zukunft des Landes.

Cum Mastercard statt cum laude: Die Schweiz spart sich klug

Der Bundesrat hat ein ambitioniertes Ziel: das Bundesbudget bis 2028 um insgesamt 6,3 Milliarden Franken zu entlasten. Diese Massnahme kommt nicht aus dem Nichts. Die Ausgaben für die Armee steigen, die Finanzierung der 13. AHV-Rente ist unklar, und weitere kostspielige Projekte wie das EU-Dossier drohen, das Budget zu sprengen.

Entlastungspaket 27 (EP27)

Aufgrund steigender Bundesausgaben vor allem in den Bereichen Verteidigung und AHV, rechnet der Bund mit einem Defizit von drei Milliarden Franken bis 2027/2028. Da diese Ausgaben die Vorgaben der Schuldenbremse sprengen würden, hat der Bundesrat mit dem EP27 vor die Defizite zu bereinigen.1

Das Entlastungspaket 27 kam zustande, nachdem Serge Gaillard damit beauftragt hatte, Korrekturmassnahmen zu überprüfen, um die Defizite zu korrigieren.

  • Das Entlastungspaket umfasst 59 Massnahmen, wovon 36 eine Gesetzesänderung benötigen.
  • Die Massnahmen betreffen zu 90% die Ausgabenseite, da vor allem diese für das Defizit verantwortlich seien.
  • 300 Millionen fallen auf die Einnahmeseite, durch Verschärfung von Steuerbefreiungen und -erleichterungen

Statt jedoch strukturelle Reformen anzugehen oder eine ernsthafte Debatte über Steuerreformen zu führen, wird nun der Rotstift gezückt. Natürlich, es geht ums grosse Ganze: Die Schweiz muss sparen. Die Schuldenbremse ist heilig, und der Bundeshaushalt leidet unter massiven strukturellen Defiziten. Schuld daran sind allerdings nicht etwa fragwürdige Rüstungsausgaben oder finanzielle Abenteuer mit gescheiterten Staatsbetrieben: die Studierenden sind das Problem! In einem mutigen Akt politischer Weitsicht hat der Bundesrat entschieden, das Schweizer Bildungssystem nachhaltig zu revolutionieren, indem man es langsam aber sicher unbezahlbar macht. Wer sich Wissen leisten kann, darf studieren. Wer es sich nicht leisten kann, soll doch bitte einfach das Bruttoinlandsprodukt durch ehrliche Handarbeit steigern. Schliesslich brauchen wir Steuerzahler, keine Besserwisser. Irgendwer muss ja später die Butter schmieren.

Die Lösung? Man kann ja die Studiengebühren erhöhen. Warum nur moderat anheben, wenn man gleich mit voller Wucht auf den Geldbeutel zielen kann?
Wer dachte, Bildung sei ein Grundrecht, sieht sich getäuscht. Bildung ist ein Business. Bald heisst es nicht mehr cum laude, sondern cum Mastercard. Irgendwo hat das Ganze ja auch einen Hauch von Logik: Mehr Leute studieren und deswegen muss man selektieren. Nicht mit IQ-Tests oder Talentförderung, sondern mit dem härtesten Auswahlkriterium der Schweiz: dem Kontostand.
Sozialer Aufstieg durch Bildung? Das war einmal. Heute ist das Motto: Wer unten ist, soll gefälligst dortbleiben.

Die Kunst des Rücktritts

Während wir mit Steuererleichterungen für Konzerne jonglieren, und die Armee mit neuen Milliardenpaketen gefüttert wird, trifft es jene, die sich noch kein Lobbying leisten können: Studierende. Denn klar, warum sollten wir in Bildung investieren, wenn wir das Geld auch in Dinge stecken können, die wirklich zählen? Zum Beispiel in den nächsten RUAG-Skandal.

Das Parlament ist für ein rascheres Armeewachstum. Das bedeutet jährliche Mehrausgaben von rund einer halben Milliarde Franken. Wer sich also auf einen gut ausgerüsteten Panzer setzen will, wird vom Staat unterstützt – wer sich in den Hörsaal setzen will, darf bald doppelt bezahlen. Die grandiose Sparlogik? Bildungsausgaben kürzen, aber gleichzeitig ein beschleunigtes Armeewachstum finanzieren. Die hochverschuldeten Studierenden sitzen bald in Leopard-2-Panzern, weil sie sich den Job als Offizier wenigstens leisten können.

RUAG-Skandal

Ein Ex-Manager der RUAG aus dem Wallis soll über mehrere Jahre illegal mit Panzerteile gehandelt haben. Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle, dass dies dem VBS schon seit 2019 bekannt gewesen sein mussten. Der Schaden beläuft sich auf 50 Millionen Franken.


Budget und Armee

Im Dezember 2024 wurde der neue Finanzplan bis 2028 verabschiedet. Damit kommt es zu Ausgaben von 85 Milliarden Franken bei einem Defizit von 800 Millionen Franken.
Gleichzeitig wurde das Armeebudget von 2025 bis 2028 um 4 Milliarden Franken (auf knapp 30 Milliarden Franken) erhöht.


Zahlungsrahmen der Armee

«Gestützt auf Artikel 148j MG beschliesst die Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss für jeweils vier Jahre einen Zahlungsrahmen für die finanziellen Mittel der Armee. Der Zahlungsrahmen setzt den Höchstbetrag der Voranschlagskredite fest. Er dient dem Parlament als Planungsinstrument für die längerfristige Ausgabensteuerung.»2


Man kann nicht über die aktuelle politische Landschaft sprechen, ohne das Spektakel rund um Rücktritte und Skandale zu erwähnen. Viola Amherd verlässt das Bundeshaus. Nach Jahren als Verteidigungsministerin hat sie entschieden, vorzeitig ihren Rücktritt einzureichen. Kann man ihr nicht verübeln, schliesslich hinterlässt sie ein Verteidigungsdepartement, das so viel Charme hat wie eine unbezahlte Krankenkassenrechnung. Martin Pfister ist ihr Nachfolger. Man kennt ihn nicht? Kein Problem, das hat ihn bisher nicht daran gehindert, Karriere zu machen. Die Armee jedenfalls wird’s freuen. Er bringt ein frisches Gesicht, das weiterhin Milliarden in Rüstungsprojekte buttern darf, während anderswo gnadenlos gespart wird. Prioritäten, meine Damen und Herren!

Währenddessen tritt auch der NDB-Chef zurück. Der Chef der Armee, Thomas Süssli, verabschiedet sich ebenfalls. Haben die Leaks über seinen Rücktritt das Fass bei Viola Amherd zum Überlaufen gebracht? Vielleicht! Vielleicht aber auch eine kollektive Einsicht, dass man in einer Regierung, die Bildung streicht und die Armee mit Skandalen überzieht, lieber einen frühen Exit macht. Doch keine Sorge, denn das sind natürlich alles nur „Einzelfälle“. Ganz anders als Studierende, die auf günstige Studiengebühren angewiesen sind.

Der Finanzzauber von KKS (Karin Keller-Sutter)

Währenddessen sitzt Karin Keller-Sutter, die grosse Finanzzauberin der Nation, mit ernster Miene im Bundesrat und erklärt, dass Sparen unumgänglich sei. Sie hantiert mit Milliarden zwischen Bankenrettungen, AHV-Finanzierung und der Erhöhung der Verteidigungsausgaben, als wäre sie der Houdini der Haushaltspolitik. Und am Ende bleibt die Rechnung doch wieder bei den Studierenden, dem Mittelstand und all jenen hängen, die sich kein Lobbying in Bern leisten können.

Ein Lob auf die Ausländergebühren – ein bisschen Patriotismus darf sein

Dass ausländische Studierende noch mehr bezahlen sollen? Ehrlich gesagt: ja, bitte. Sie tragen nicht zur AHV bei, zahlen hier keine Steuern, und ihre Eltern haben die Schweizer Schulen nicht mitfinanziert. Fair ist das schon. Vielleicht kann man sie beim Eintritt gleich fragen: „Was möchten Sie studieren – und wie viele Ihrer Nieren möchten Sie dafür einsetzen?“

Aber wehe, wir drehen dieselbe Schraube bei den eigenen Leuten. Das ist so, als würde man dem eigenen Kind Miete für sein Kinderzimmer verlangen – und dann überrascht sein, wenn es auszieht und nie wieder anruft. Da bleibt nur noch eine Frage: Wer wird in zehn Jahren an unseren Unis studieren, wenn sich nur noch Reiche ein Studium leisten können? Die Antwort: Genau die Leute, die dann weiter diese Sparpolitik betreiben. Ein Teufelskreis, aber wenigstens einer mit exzellentem Networking.

Rechnung 2024, Finanzierungssaldo in Mrd. CHF

Fazit: Bildung wird zur Hochrisikoanlage

Die wohl grösste Ironie der aktuellen Finanzpolitik ist, dass man die Bildungsausgaben in einem Land kürzt, das von seinem technologischen Fortschritt und seiner Innovationskraft lebt. Dass man damit langfristig die eigene Wirtschaft und Forschung stranguliert? Nebensache. Hauptsache, das Budget sieht 2027 schön aus.

Die Schweiz spart an der Bildung, weil man denkt, Wissen wachse wie Unkraut – von selbst und gratis. Doch wer heute spart, zahlt morgen doppelt. Bildung ist eine Investition, keine Ausgabe. Damit graben, wir uns selbst das Wasser ab. Während andere Länder gezielt in Forschung und Bildung investieren, setzt die Schweiz auf kurzfristige Einsparungen mit langfristig katastrophalen Folgen. Die Botschaft ist klar: Wer in Zukunft studieren will, braucht nicht nur gute Noten, sondern vor allem ein dickes Portemonnaie. Bildung wird vom Grundrecht zum Luxusgut. Und während die nächste Generation mit Schulden ins Leben startet, wird an anderer Stelle munter weiter ausgegeben. Wer glaubt, dass dies die Schweiz langfristig stärkt, sollte nochmals über die (Finanz-)Bücher.

Die Idee der Schuldenbremse ist grundsätzlich sinnvoll. Der Staat soll nachhaltig wirtschaften und keine zukünftigen Generationen mit unverantwortlichen Schulden belasten. Doch wenn die Einsparungen dort ansetzen, wo sie den langfristigen Wohlstand des Landes gefährden, dann stellt sich die Frage nach der Prioritätensetzung.

Was bleibt also? Ein Land, in dem Studierende künftig Kredite aufnehmen müssen, um sich ein Studium leisten zu können, während gleichzeitig Millionen in marode Rüstungskonzerne und fragwürdige Militärausgaben gesteckt werden? Wenn das die Zukunft ist, dann wird Butter auf der Bildungsrösti bald das Letzte sein, was uns bleibt. Denn die Studierenden werden sich nicht einmal mehr das leisten können.

Kommentar des Autors:
Dieser Text soll in keiner Weise jemanden beleidigen oder kränken. Da dieser Text satirisch zu verstehen ist, habe ich (teilweise) auf übertriebene Weise versucht, die Leserschaft zu kritischem Denken anzuregen.

Quellen:

Beitragbild: https://ethz.ch/staffnet/de/service/raeume-gebaeude/orientierung/gebaeude.html

  1. https://www.efd.admin.ch/de/aufgaben-subventionsueberpruefung ↩︎
  2. https://www.vtg.admin.ch/de/zahlungsrahmen-der-armee-2025-2028 ↩︎

Die Gewinner des letzten Band-it wurden direkt nach dem Finale von Tize abgefangen und zu ihrem Erfolg befragt. Mehr als ein halbes Jahr später wollte Tize erfahren, wie es mit «FiddleJammer» weitergeht und hatte die Gelegenheit, die Mitglieder Hayo Rebekah Lee, Salome Widmer und Elias Strebel zu interviewen.
Wer «FiddleJammer» nochmals am Ort des Geschehens sehen möchte, hat am diesjährigen Band-it Finale die Chance dazu: Sie werden nach der Rangverkündigung als Gastband auftreten. Hinter «FiddleJammer» steht ein kreatives Team aus neun jungen, musikalisch talentierten Köpfen, das die Musik aus aller Welt – insbesondere aus dem Balkan – mit ihren «Fiddles» neu interpretiert und so frischen Wind in die Schweizer Musikszene bringt.

Weiterlesen: FiddleJammer: Update-Interview mit den Gewinnern des Band-it 2024

Habt ihr die Zeit nach dem 1. Platz genutzt, um etwas Energie zu tanken und euch von der stressigen Probephase zu erholen – oder habt ihr euch gleich mit voller Kraft in das nächste musikalische Abenteuer gestürzt?

Hayo: An diesem Tag sind wir einfach dort geblieben und haben ein wenig gefeiert. Danach hatten wir eine kleine Sommerpause bis zum nächsten Gig, also konnten wir uns schon ein bisschen erholen. 

Elias: Das fix, aber sonst ging es eigentlich relativ zügig weiter – eigentlich so wie immer. Durch den Gewinn des Band-it hatten wir natürlich ein paar Gigs mehr als gedacht, was eine sehr, sehr nice Erfahrung war. Und durch diese Gigs haben wir wieder sehr viel gelernt.

Was glaubt ihr, war der ausschlaggebende Faktor für Platz 1?

Hayo: Wir haben während den Vorbereitungen aufs Band-it gelernt, auf eine neue Weise zu proben. Früher haben wir vor allem die Melodie gespielt mit zweiter und dritter Stimme. Fürs Band-it haben wir begonnen die einzelnen Instrumente und ihre Klangfarben wertzuschätzen und alles Mögliche herauszuholen.

Elias: Ein wichtiger Faktor ist auch, dass wir uns einfach in- und auswendig kennen – musikalisch total. Es funktioniert so gut, weil wir schon so lange gemeinsam spielen, und ich denke, das merkt man auch.

Salome: Ich glaube, die Freude hat auch eine grosse Rolle gespielt – einfach die Freude am gemeinsamen Musizieren. Für uns war es einfach so: „Wir machen mal mit!“ Es war cool, ein paar Gigs zu spielen und diese Freude an der Musik auszustrahlen. Wir hatten überhaupt keinen Druck. Es war nicht so: „Wir machen mit, um zu gewinnen“, sondern: „Wir machen mit, weil wir Musik lieben und sie gerne mit anderen teilen.“

Also die Freude an der Musik – der Gewinn war die Belohnung und ist automatisch gekommen, kann man das so sagen?

Salome: Ich denke schon. Wir haben uns selbst keinen Druck gemacht, dass wir gewinnen müssen. Und was dann alles auf uns zukam, hat sich einfach ergeben, als es so weit war.

Apropos Druck: Das Band-it war sicherlich eine wertvolle und lehrreiche Erfahrung. Ihr habt direkt nach eurem Sieg im Interview mit Tize erwähnt, dass der Druck, eigene Lieder zu schreiben, euch geholfen hat. Gibt es aus heutiger Sicht etwas, das ihr hinzufügen möchtet – hat euch das Band-it langfristig weitergebracht?

Elias: Ich glaube, auch unsere Herangehensweise an neue Stücke hat sich verändert. Dass wir alles genau absprechen und abstimmen ist seit dem Band-it wieder stärker in den Fokus gerückt. Vorher haben wir einfach gespielt, und es hat dann schon irgendwie gut geklungen. Aber das Band-it hat uns definitiv geholfen, unsere Arrangements bewusster und differenzierter zu gestalten.

Hayo: Ja, genau – dieses Auseinandernehmen von allem. Dass wir wirklich detailliert an die Songs herangehen und uns genau überlegen, was wir spielen, bringt auch einen viel besseren Sound.

Ihr spielt Musik aus aller Welt, insbesondere auch aus dem Balkan. Habt ihr vor, diese Richtung zu ändern, oder bleibt ihr vorerst dabei?

Hayo: Ich denke, wir bleiben vorerst dabei, weil es einfach sehr coole Musik ist. Ich habe auch das Gefühl, dass diese Musik in der Schweiz noch nicht so weit verbreitet ist – obwohl sie durch andere Bands immer mehr an Bekanntheit gewinnt. Aber was andere Stile betrifft: Salome, Rebekka und ich spielen am 14. Februar zum Beispiel als GastmusikerInnen am Internationalen Country-Music Festival im Albisgütli, und das ist natürlich ein komplett anderes Genre. Also, wir sind offen für Neues, aber unser Fokus bleibt auf Balkan-Musik.

Salome: Ja, vor allem als ganze Band bleiben wir schon beim Balkan-Stil …

Elias: Und dann spielen wir halt noch ein „Aueland“ an einer Hochzeit.

Salome:  An einem Apéro spielen wir auch ab und zu mal einen Blues. Aber wenn es ein Konzert-Gig ist, dann ist Balkan schon unser „Go-to“.

Plant ihr, ein Album herauszubringen oder eure Stücke auf Streaming-Diensten zu veröffentlichen – also in diese Richtung zu arbeiten?

Elias: Ja, wir haben letztes Wochenende sogar dafür geprobt. Für Mai ist eine Aufnahme geplant – vermutlich mit drei Songs. Wir sind gerade intensiv am Proben. Wann, wie und wo genau was released wird, wissen wir aber noch nicht.

Ihr seid eine ziemlich grosse Gruppe. Beim letzten Mal wurdet ihr gefragt, ob es aufgrund eurer Gruppengrösse schon zu Auseinandersetzungen gekommen ist. Mich interessiert aber mehr: Was ist euer „Geheimnis“, dass ihr als grosse Gruppe seit 2019 so harmonisch zusammenarbeitet?

Salome: Also, ich glaube, einerseits hat es sich einfach gut ergeben, weil wir uns alle in eine ähnliche Richtung entwickelt haben – zumindest musikalisch. Jeder wollte für sich selbst besser werden. Das hat sicher geholfen, dass die Band auch wirklich zusammengeblieben ist.

Und ich denke, es ist auch ein bisschen Glück, dass wir uns vor sechs Jahren als Band gefunden haben und immer noch so gut zusammenarbeiten. Ausserdem haben wir alle einen sehr guten Humor – zumindest finde ich das. Und das hilft schon auch. Natürlich gibt es ab und zu Diskussionen, aber wir wissen alle, dass wir musikalisch das Beste für die Band wollen. Das können wir ziemlich gut handhaben.

Meistens kommt dann einfach der Humor ins Spiel, und man merkt, dass es gar nicht so ernst ist, wie es im ersten Moment vielleicht schien.

Elias: True … Ich glaube auch, dass sich jede und jeder bei uns so einbringen kann, wie sie oder er will. Es ist für alle offen, jede Meinung zählt, und weil wir schon so lange zusammen sind, fühlt sich auch niemand persönlich angegriffen, wenn eine Idee mal nicht so gut ankommt. Musik ist ja oft etwas sehr Persönliches, und es kann schon mal passieren, dass man sich denkt: „Wieso machen wir das jetzt nicht so, wie ich es mir vorstelle?“

Aber wenn man das klar kommuniziert und die Mehrheit der Band sich für eine andere Variante entscheidet, dann ist das auch völlig okay. Ich glaube, wenn man offen sagen kann, was einem gefällt und was nicht, dann ist es viel einfacher, langfristig als Gruppe zusammenzubleiben.

Hayo: Bevor wir die Band gegründet hatten, kannten wir uns ja schon seit Jahren vom Fiddlefest. Dadurch waren wir schon ziemlich gut miteinander vertraut. Ich denke, genau deshalb hat sich diese Gruppe so ergeben – weil wir uns von Anfang an gut verstanden haben. Und dann gründet man halt einfach eine Band, bei der es dann klappt. Das ist schon cool.

FiddleJammer beim Band-it
Foto: Ethan Welty

Ja, man merkt es gut, dass ihr als Band Feuer und Flamme seid. Das macht Freude!

Trefft ihr euch eigentlich immer alle zusammen, wenn ihr probt?

Hayo: Das kommt sehr darauf an, wer alles bei den jeweiligen Gigs spielt. In letzter Zeit haben tatsächlich immer alle zusammengespielt, aber es kommt auch vor, dass ein paar nicht können. Deshalb üben dann nur die, die für einen Gig proben müssen. Wir versuchen schon, dass alle dabei sind, aber mit so vielen Leuten ist es natürlich schwierig, einen Termin zu finden, an dem wirklich alle können.

Elias: Also, ich habe ja noch zwei Geschwister, die mit mir in der Band spielen und bei mir zu Hause wohnen. Manchmal passiert es, dass wir nach einer Probe am nächsten Tag etwas nachholen, was ich selbst noch nicht so gecheckt habe. Ich frage dann auch oft: „Können wir uns das nochmals kurz anschauen?“

Ich frage das, weil es ja bei gewissen Bands einen fixen Probetag gibt, bei dem alle anwesend sein müssen.

Hayo: Wir proben nicht regelmässig, sondern immer gezielt für unsere Gigs. Wir haben keinen festen Probetag.

Letzte Frage: Viele von euch studieren ja noch nebenbei, z. B. du Hayo, du studierst Maschinenbau, oder du Salome, Theologie. Könnt ihr euch vorstellen, auch hauptberuflich als Band oder als Einzelperson musikalisch tätig zu werden bzw. habt ihr bereits darüber gesprochen?

Elias: Gewisse von uns sind sicher auf dem Weg dazu. Meine Schwester Noemi ist jetzt im Pre-College, das ist wie das Vorstudium, und sie spielt im Frühling an der Musikhochschule vor, Leon auch.

Ich habe eigentlich dasselbe vor, aber ich bin noch in der Schule. Ich glaube, einige von uns haben diesen Weg schon im Blick, andere nicht so sehr. Aber man kann trotzdem sehr gut Geige spielen und in der Musik krass abliefern, auch wenn man das nicht hauptberuflich macht, oder Musik studiert…

Salome: Mein Weg ist es nicht. Ich studiere Theologie, und mein Ziel ist es, Pfarrperson zu werden. Musik ist ein riesiges Hobby von mir, und es ist mega cool, wenn man eine Band hat oder in einem Orchester spielt – oder wenn man irgendetwas Festes hat, worauf man üben kann, bei dem man weiss, warum man übt. Sonst würde ich meine Geige viel weniger in die Hand nehmen, wenn ich keinen so grossen Ansporn hätte. Aber ich sehe es mehr als einen Nebenjob neben dem Studium. Klar, es gibt Leute, die das hauptberuflich machen. Im Studium sind alle so: „Ja, mein Nebenjob ist das und das“, und ich so: „Ja, ich habe eine Band.“ Das ist ja auch eine Art Nebenjob mit all den Gigs, die wir haben.

Hayo: Ja, bei mir war es so, dass ich mir lange überlegt hatte, Musik zu studieren, weil ich es auch wollte. Aber ich habe mich auch sehr für Technik interessiert. Schlussendlich habe ich mich für Technik entschieden, und ich glaube, das war die richtige Entscheidung. Jetzt kann ich einfach Musik machen, weil es mir so viel Freude bereitet. Es ist eine sehr gute Abwechslung zur Technik und zum Studium. Und vor allem, wenn man eine so coole Band hat. Ich spiele auch noch im Orchester, also habe ich genug Musik.

Elias: Du musst es nie erzwingen. Wenn du es beruflich machst, musst du auch Dinge tun, die dir vielleicht nicht so gefallen, oder du musst mal ein Konzert spielen, das du blöd findest, nur um die nötigen finanziellen Mittel zu verdienen. Aber wenn du das nicht hauptberuflich machst, kannst du wirklich nur das machen, worauf du Lust hast. Das ist natürlich auch ein Vorteil.

Qualifikation im Gaswerk
Foto: Seraina Hirt


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13. Juni, 18.00 Uhr: Openair Oberrieden (HipHop /R&B, Ticket erforderlich)
20. Juni, 19.00 Uhr: Gaswerk (kostenlos)
21. Juni, 19.00 Uhr: Gaswerk (kostenlos)
22. Juni, 17.00 Uhr: Gaswerk (kostenlos)
27. Juni, 19.00 Uhr: Moods (kostenlos)
28. Juni, 19.00 Uhr: Moods (kostenlos)
29. Juni, 17.00 Uhr: Moods (kostenlos)

Am 23.02.2025 ist es so weit: Deutschland wählt seine Volksvertreter für den Bundestag. Diese Wahl ist richtungsweisend, denn die politische Landschaft hat sich seit der letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 deutlich verändert. Damals endete die von der Union geführte «Grosse Koalition» aus CDU/CSU und SPD. Die Sozialdemokraten unter Olaf Scholz bildeten gemeinsam mit den Grünen und der FDP die sogenannte «Ampel-Koalition». Doch dieses Bündnis hielt nicht bis zur heutigen Wahl: Im November letzten Jahres zerbrach die Ampel-Regierung, als Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entliess.

Weiterlesen: Deutschland wählt: Wohin steuert die Republik?

Parteien unter Druck, AfD im Aufwind

Die politische Landschaft ist in Bewegung. Die traditionellen Volksparteien CDU/CSU und SPD stehen unter Druck, während die rechtspopulistische AfD Umfragen zufolge zur zweitstärksten Kraft im Bundestag werden könnte. Doch die Frage bleibt: Welche Koalitionen sind nach der Wahl denkbar? Und welche werden trotz rechnerischer Mehrheiten ausgeschlossen?

Quelle: DAWUM.de

Mögliche Koalitionen – Ein Überblick

Grosse Koalition (Union & SPD): Die Grosse Koalition ist ein altbewährtes Modell, das Deutschland in der Vergangenheit mehrfach regiert hat. Sie gilt als stabil, aber auch als unbeliebt, da sich beide Parteien gegenseitig blockieren könnten. Wähler kritisieren oft, dass durch dieses Bündnis echte Opposition im Bundestag fehle. Dennoch könnte es zu einer Neuauflage kommen, wenn keine anderen Mehrheiten möglich sind. Die Union und die SPD haben sich immer wieder gegen eine erneute Grosse Koalition ausgesprochen. Die politische Realitäten könnten sie dazu zwingen, ihre Haltung zu überdenken. Die SPD wird in einer solchen Konstellation das Kanzleramt an die Union verlieren, da die CDU als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen wird – zumindest laut Umfragen.

Quelle: DAWUM.de

Union & AfD: Diese Konstellation ist bislang von der Union klar ausgeschlossen worden. Die AfD wird als rechtspopulistisch und teilweise rechtsextrem eingestuft, weshalb eine Zusammenarbeit mit ihr nicht infrage kommt. Dennoch bleibt abzuwarten, ob sich dieser Ausschluss in Zukunft halten lässt. Sollte die AfD besonders stark abschneiden, könnte sich der Druck auf die Union erhöhen. Allerdings würden viele CDU/CSU-Mitglieder einen solchen Schritt nicht mittragen. Doch international scheint diese Koalition an Beliebtheit zu gewinnen. Die AfD ist der neuen Trump-Regierung freundlich gesinnt und auch JD Vance und Elon Musk sind grosse Freunde der AfD.

Union & Grüne: Eine Zusammenarbeit zwischen der Union und den Grünen wäre in einigen Punkten denkbar. Dies wäre nicht die erste Koaltion dieser Art. Schon in verschiedenen Landtagen arbeiten die Grünen und die CDU zusammen. Während die Grünen verstärkt Klimaschutzmassnahmen fordern, könnte die Union wirtschaftsfreundliche Lösungen beisteuern. Allerdings gibt es erhebliche Differenzen, etwa in der Migrations- oder Sozialpolitik. Zudem hat die CSU bereits mehrfach betont, dass sie eine Zusammenarbeit mit den Grünen ablehnt. Sollte es jedoch keine andere Mehrheit geben, könnten sich beide Seiten zu einer pragmatischen Einigung gezwungen sehen.

Kenia-Koalition (Union, SPD & Grüne): Diese Dreierkoalition, benannt nach den Farben der kenianischen Flagge, könnte eine stabile Mehrheit im Bundestag sichern. Die Union würde hierbei den Kanzler stellen, während SPD und Grüne wichtige Ministerien besetzen könnten. Allerdings wäre ein solches Bündnis von schwierigen Kompromissen geprägt. Die SPD und die Grünen würden beispielsweise in sozialen Fragen eine andere Agenda verfolgen als die wirtschaftsorientierte Union. Trotzdem könnte diese Koalition eine Alternative sein, falls keine Zweierbündnisse eine Mehrheit erreichen.

Ampel-Koalition (SPD, Grüne & FDP): Die bisherige Regierungskoalition stand schon vor ihrem Zerfall vor erheblichen Herausforderungen. Die FDP fühlte sich immer wieder als Juniorpartner übergangen und kritisierte zahlreiche Massnahmen der Regierung, insbesondere in der Haushaltspolitik. Eine Neuauflage der Ampel ist daher unwahrscheinlich, es sei denn, die Parteien können nach der Wahl eine gemeinsame Basis finden. Sollte die FDP jedoch zu grosse Verluste erleiden, könnte sie sich komplett aus einer solchen Konstellation zurückziehen.

Rot-Rot-Grün (SPD, Grüne & Linke): Eine rot-rot-grüne Koalition wurde bei den letzten Wahlen immer wieder diskutiert. Die Realisierung war aber aufgrund der Schwächung der Linken nicht möglich, welche damals nur knapp davon kam. Die Linke hat in den letzten Jahren stark an Wählerzuspruch verloren und könnte unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen. Die jüngsten Umfragen zeigen aber, dass sie wieder an Zuwachs gewinnt und wieder mittlerweile bei 7% ist.
Innerhalb der SPD gibt es aber Widerstand gegen eine Zusammenarbeit mit der Linken, insbesondere in der Aussenpolitik. Sollte die Linke dennoch verstärkt in den Bundestag einziehen, wäre eine solche Koalition möglich, aber politisch schwierig umzusetzen.

Quelle: DAWUM.de

Union, FDP & BSW: Während die Union klar als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgehen wird, ist die Zukunft der FDP und der neuen Partei BSW ungewiss. Das BSW war bei den Landtagswahlen am 1. September 2024 noch die drittstärkste Kraft in Thüringen und Sachsen. Jetzt muss die Partei nun um den Einzug in den Bundestag bangen. Mögliche Gründe dafür sind die noch fehlende Etablierung auf Bundesebene. Ein unklar definiertes Wahlprogramm sowie der Parteiname lassen die junge Partei intransparent wirken. In Thüringen existiert bereits eine Koalition aus BSW und Union. Auch eine Koalition zwischen FDP und Union wäre denkbar, da beide Parteien inhaltlich nah beieinanderliegen. Allerdings erscheint dies aufgrund der aktuellen Schwäche sowohl der FDP als auch des BSW als unwahrscheinlich. Selbst wenn sie den Einzug in den Bundestag schaffen, dürften sie nur unbedeutende Randerscheinungen bleiben.

Deutschland vor einer ungewissen Zukunft

Die heutige Wahl wird die Weichen für die nächsten Jahre stellen. Welche Koalition sich am Ende durchsetzt, hängt nicht nur von den Wahlergebnissen, sondern auch von politischen Absprachen und Kompromissen ab. Während einige Bündnisse aus rein rechnerischer Sicht möglich wären, scheitern sie oft an ideologischen Differenzen und parteiinternen Widerständen.

Eine der wichtigsten Fragen wird sein, wie sich die Wähler zu den bisherigen Regierungsparteien stellen und ob es zu einer weiteren Stärkung der politischen Ränder kommt. Sollte die AfD massiv zulegen, könnten sich neue Debatten über Koalitionsoptionen und Ausschlüsse entfalten. Ebenso wird entscheidend sein, wie sich die FDP positioniert und ob sie nach den internen Konflikten der vergangenen Legislaturperiode erneut in eine Regierung eintreten will.

Sicher ist: Die politische Landschaft in Deutschland steht vor einem Umbruch, und das Wahlergebnis wird erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Regierungsbildung und die Stabilität des Landes haben.

Ganz oben, über Nahrung, Sicherheit und Liebe, thront die Krone der menschlichen Existenz: das Finden des wahren Selbst – zumindest laut Maslow und seiner Bedürfnishierarchie. Doch in Zeiten von Instagram, TikTok und allem voran Algorithmen hat niemand Zeit dafür. «Warum selbst sein, wenn ich perfekt sein kann – Hauptsache die Reichweite stimmt!»

#philosophy #nopainnogain #art #breakfast #morning

Vor tausenden Jahren hiess das Credo: «Erkenne dich selbst.» Heute lautet die Devise: «Zeige dich perfekt!» Die Philosophie ist simpel: Alles was man über eine Person wissen muss, steht in ihrer Bio. Zwischen «dog mom» und «wandern» ist die Essenz einer Persönlichkeit innert Sekunden zu erkennen. Authentizität? Wozu? Der Valencia-Filter ist sowieso besser.

Beim Frühstück denkt man oft an einen erholsamen Start in den Tag. Doch wenn selbst das Frühstück ein Intermezzo mit der Avocado wird, um das perfekte Avocado-Toast-samt-Chia-Pudding-neben-dem-frisch-gepressten-Orangensaft-Foto zu machen, dann wird es, auf gut Deutsch gesagt, einfach nur peinlich. Jede Reise ist keine Erfahrung, sondern Content, Likes, Aufrufe. Sogar das Fitnessstudio taugt zu kaum mehr als Kulisse für ein (nicht) verschwitztes Selfie. #nopainnogain. Gesundheitsaspekt? Zweitrangig! 

#Brot und Spiele

Während wir uns auf Social Media vernetzen, isolieren wir das «Soziale» im echten Leben. Warum den Freunden eine Postkarte von den Ferien schicken, wenn sie eh in meiner Story sehen können, was ich mache. Wenn nicht, dann selbst schuld! Wer braucht ein echtes Gespräch, wenn man Emojis schicken kann. Unseren inneren Schweinhund der Bequemlichkeit hat Social Media bereits fest im Griff. Wehe dem, der kein Insta hat oder anderweitig nicht mitmacht! Der / Die ist ein weirder Boomer!

Doch es geht noch tiefer: Der Ton auf diesen Bildschirmen ist nicht immer perfekt und glänzend. Es gibt immer zwei Seiten der Medaille! Hasskommentare sind die neue Sprache des Internets. Oder vielmehr eine Nebenwirkung des ermüdenden Perfekt-Seins. Ist doch egal! Was macht mehr Spass, als die Möglichkeit wildfremde Menschen anzuschreien und sich in den Kommentarspalten gegenseitig zu zerfleischen. Brot und Spiele hiess es und wird es auch weiterhin heissen! Hasskommentare sind die neuen Spiele im Kolosseum. Nein, Entschuldigung, es ist sogar noch viel besser als Brot und Spiele! Das Ganze kann man heute im Schutze der Anonymität machen. Tarnkappe par excellence!

Brot und Spiele / «Panem et circenses» – Decimus Iunius Iuvenalis

#Die Maslowsche Pyramide 2.0: Wlan als lebenswichtig

Maslow hat es nicht vorhergesehen, aber in der modernen Pyramide hat Wlan einen Platz ganz unten verdient – gleich neben Essen und Trinken. Ohne stabile Internetverbindung können wir schliesslich weder unser Frühstück posten noch unser tägliches Scrollpensum erfüllen.

Früher war Selbstverwirklichung ein Luxus, den sich nur die Philosophen in ihren Gedanken leisten konnten, während der Rest der Menschheit ums Überleben kämpfte. Heute, wo Nahrung und Sicherheit meist selbstverständlich sind, können wir gar nichts anderes als über uns selbst nachzudenken. Oder besser gesagt: darüber, wie andere von uns denken.

Ein Blick nach Nordkorea zeigt, wie es anders aussehen kann. Dort werden die Menschen bewusst seitens der Diktatur mit dem Entzug von Nahrung und Sicherheit beschäftigt, dass sie nicht einmal wissen, was der Kontinent Asien ist, geschweige denn TikTok.1

Aber vielleicht haben sie auch weniger Identitätskrisen – schliesslich gibt es keine Follower (ausgenommen von Regierungsverfolgern), die man beeindrucken muss. Kein Wlan, kein Problem.

Maslowsche Bedürfnishierarchie 2.0
Quelle: testsysteme.de
https://www.testsysteme.de/maslow-2-0-erst-wi-fi-und-dann-der-sinn

#Digital Detox: Nur was für Verlierer

Natürlich gibt es die Spielverderber, die behaupten, Social Media mache uns unsozial. Als ob man ohne Likes und Stories überhaupt existieren würde! Social Media Detox oder Digital Detox sind nicht die Bezeichnungen für einen Drogenentzug, sondern ist vielmehr die Idee, dass man sich bewusst von Social Media oder Smartphones fernhällt. Zeit vollkommen ohne Social Media. Die Hardcore-Fraktion greift sogar zu «Dumbphones». Kein Internet, keine Apps, nur Anrufe und SMS. Was kommt als Nächstes, Brieftauben?

Befürworter sagen: «Das ist wahre Freiheit!» Doch die Frage bleibt: Wie findet man seinen Weg, wenn Google Maps fehlt? Darf man Passanten noch nach dem Weg fragen?

Digitale Maslowsche Bedürfnishierarchie
Quelle: Bluesyemre.com
https://buildext.com/en/digital-maslow-after-covid-generation/

#Scrolling4Life #Scrolling4Ever

Der Algorithmus kennt unsere Vorlieben, weiss was wir als nächstes sehen wollen, und das oft vor uns. Warum nicht also unsere Individualität über Instagram und Tiktok definieren? Der Algorithmus wird uns schon sagen, welche Art von Mensch wir sein wollen, bzw. sein sollten. Ob #Reisefan, #Fitnessguru, #Dogmom, #Katzenfan oder #Digitalnomad. Und wenn es uns zu langweilig werden sollte, übergeben wir auch unser Social Media einfach einer KI. Warum sich selbst um Social Media in Zukunft kümmern, wenn das viel schneller und effizienter mit KI geht? Darum: Postet, was das Zeug hält, liked, kommentiert und teilt. Eure Individualität wird davon profitieren – zumindest bis zum nächsten Update.

Kommentar des Autors

Dieser Text soll in keiner Weise jemanden beleidigen oder kränken. Da dieser Text als Satire zu verstehen ist, habe ich auf übertriebene Weise versucht, die Leserschaft zu kritischem Denken anzuregen.

  1. https://www.youtube.com/watch?v=t-leeRABbrU ↩︎

In der aktuellen Diskussion um die Reform des Medizinstudiums wird der Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) als Hindernis betrachtet. Politiker plädieren für dessen Aufhebung, um dem Mangel an einheimisch ausgebildeten Ärzten entgegenzuwirken. Doch die Idee, den Eignungstest einfach abzuschaffen, ist ein gefährliches Hirngespinst, das die eigentlichen Herausforderungen im Gesundheitssektor nur verschleiern würde.

Aufnahmekapazitäten der einzelnen Hochschulen für das Medizinstudium, @swissuniversities1

In der Welt der Schweizer Politik, in der Entscheidungen oft so träge fallen wie schmelzende Butter auf warmer Rösti, wird mal wieder ein Sturm entfacht. Diesmal jedoch nicht nur wegen der ewigen Frage nach den Atomkraftwerken (AKW) und der Energiewende, sondern wegen eines ganz anderen Themas, das den Bundesrat in Wallung bringt: Butterkrisen, Bankenpleiten, ein drittes Geschlecht, die 10-Millionen-Schweiz und eine völlig ausser Kontrolle geratene Krankenkassenpolitik.

Weiterlesen: Die grosse Butterkrise – Beim Bundesrat buttert’s

Die Aufrüstung/Aufbutterung der Armee
Während die Diskussionen in den Parlamentsfluren heisser brodeln als eine Butterpfanne auf dem Herd, steht Viola Amherd fest entschlossen in der politischen Küche. Mit einem 10-Milliarden-Franken-Fonds will die Verteidigungsministerin die Armee aufrüsten. Wie eine Generalin am Kochlöffel versucht sie, ihre Bundesratskollegen zu überzeugen, die Armee rasch aufzubuttern. Denn die Schweiz darf – umringt von NATO und Bergen – kein sicherheitspolitisches Niemandsland sein.
Amherds Butter-Maschinengewehr gegen Karin Keller-Sutters Sparhammer. Ein Duell der Bundesratsgiganten, doch wer rutscht am Ende auf der Butter aus, und wem wird sie zu klebrig?

Und was hat Butter damit zu tun? Mehr, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Die schmelzenden Finanzen – ein Fondue in Zeitlupe
Karin Keller-Sutter, oder wie sie liebevoll von der Opposition „KKS“ genannt wird, hat uns alle davon überzeugt, dass Butter nicht nur ein Schmiermittel für den Brotbelag ist, sondern offenbar auch für die Politik. Das Vertrauen in sie ist, wie man so schön sagt, „butterweich“. Ob es nun um die Credit Suisse oder das Finanzdepartement geht – sie lenkt mit einer Butterportion auf politischem Toast die Geschicke der Nation und scheint in diesem politischen Schmelztiegel mal wieder alles im Griff zu haben. Und wer, wenn nicht sie, könnte uns durch die komplexen Wirrungen des Finanzbudgets und der Krankenkassenprobleme führen? Ein starkes Finanzbudget ist schliesslich das Fundament einer jeden erfolgreichen Butterproduktion.

Butterenergie und AKWs
Apropos Produktion: Auch bei der Energieproduktion soll es weiter und/oder zurück zur Atomkraft gehen, zumindest laut unserem Energieminister Albert Rösti. Obwohl 2017 das Stimmvolk einen Ausstieg aus der Atomenergie befürwortete, soll der Bau neuer Kernkraftwerke (KKW) ermöglicht werden. Folglich merkt man: Wenn das Stimmvolk laktoseintolerant ist und die Butter fehlt, ist der Weg zur Molkerei trotzdem unumgänglich. Wenn aber Blackouts um jeden Preis verhindert werden sollen, stellt sich die Frage, ob Margarine alleine ausreicht oder ob Butter von Bio-Betrieben auch erforderlich ist. Klar ist nur, dass Rösti die Butter sorgfältig schmelzen muss, um sich nicht daran zu verbrennen oder – noch schlimmer – in ein Fettnäpfchen zu treten.

Weniger Butter für alle
Sich schnell an der Butter verbrennen – damit kennt sich Beat Jans aus. Wie eine Rakete startete er sein 24-Stunden-Verfahren im Asylwesen. Mit Energie und Charisma trat er sein Departement an. Mittlerweile? Ernüchterung! Genauso viele Asylbewerbungen aus den betroffenen Staaten wie letztes Jahr. Die 10-Millionen-Schweiz wächst. Ob Jans auf der Butter ausgerutscht ist oder ob er sich beim Butterschmelzen verbrannt hat, wird sich daran zeigen, wie schnell er eine alternative Strategie entwickeln wird. Leicht hat er es auf jeden Fall nicht, mit dem Erbe seiner Vorgängerin, die es nicht mehr als ein Jahr in diesem Departement ausgehalten hat.

Jetzt geht es um das Butterbrot!
Amherd, Rösti, Butter, Armee, AKW, KKW, KKS – nichts belastet die Bevölkerung mehr als die steigenden Krankenkassenprämien.

Doch wen kümmert’s? Die Mindestfranchise steigt von 300 auf 400 Franken und wird regelmässig angepasst. Schlussendlich entlastet eine höhere Franchise die Gesundheitskosten und stärkt die Eigenverantwortung. Was so viel bedeutet wie: Bezahlt mehr, bekommt weniger. Kauft mehr Butter, streicht aber weniger aufs Brot!

Und wenn man dachte, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, gab es da noch den jüngsten Unterschriftenskandal. Die Details blieben nebulös, doch der Vorfall reihte sich nahtlos in die chaotische Dynamik der letzten Monate ein. War es Schmiererei? War es Absicht? Man weiss es nicht. Fest steht nur: Wenn die Butter schmilzt, fängt die Politik erst an, wirklich zu kleben.

Kommentar des Autors:
Dieser Text soll in keiner Weise jemanden beleidigen oder kränken. Da dieser Text als Satire zu verstehen ist, habe ich auf übertriebene Weise versucht, die Leserschaft zu kritischem Denken anzuregen.

Ein Attentat auf Trump, Bidens überraschender Rückzug aus dem Rennen und die Kamala-Tim-Dampfwalze – Der US-Wahlkampf ist in der heissen Phase. Mit Tim Walz als Running Mate geht nun Kamala Harris in die Offensive. Jetzt geht es nicht nur um das Präsidentenamt, sondern auch um das Vizepräsidium, eine Position, deren Einfluss ebenfalls entscheidend ist. 

Vom Anti-Trump zum Kranken Mann in Washington – Joe Bidens Wandel
Der amerikanischen Wahlkampf ist bis jetzt geprägt von strategischen Offensiven seitens der Demokraten gegen die Republikaner. Obwohl Bidens Wahlkampfteam noch wenige Stunden vor seinem offiziellen Rücktritt auf X (ehemals Twitter) alle Gerüchte über einen Rückzug dementiert hatte, kam sein Rücktritt überraschend, aber nicht unerwartet.

Besonders nach seiner katastrophalen Performance in der TV-Debatte Ende Juni geriet Biden zunehmend unter Druck, da Fragen zu seinem Gesundheitszustand laut wurden. Hochrangige Demokraten wie Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer und der Fraktionsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, äusserten offen ihre Bedenken gegenüber einer erneuten Kandidatur Bidens. Selbst enge Vertraute wie Nancy Pelosi, die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, und Ex-Präsident Barack Obama drängten Biden, einen Rücktritt in Erwägung zu ziehen.

Die Situation spitzte sich zu als Umfragen zeigten, dass Biden deutlich hinter Donald Trump lag. Joe Biden, einst als „Anti-Trump“ gewählt, erlebte einen dramatischen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung. Er war weniger wegen seiner eigenen Popularität, sondern vielmehr aufgrund der Ablehnung seines Vorgängers ins Amt gekommen. Seine Präsidentschaft war das Ergebnis einer tief gespaltenen Nation. Das Ende der Trump-Ära war geprägt von der Covid-Pandemie und dem Tod von George Floyd. Nach dem Aufstieg von Bewegungen wie Black Lives Matter sowie extremen Gruppen wie den Proud Boys und QAnon, brauchte das Land jemanden, der es vereinen konnte.

Biden galt als gemäßigter Kandidat, der dank seiner 50-jährigen Erfahrung als hochrangiger Politiker Stabilität versprach und die gespaltene Nation wieder beruhigen sollte. Doch dieser Aufgabe konnte er nicht gerecht werden. Der Graben zwischen links und rechts war bereits zu tief. In den letzten Jahren hatten die Demokraten die ländlichen Regionen, in denen sie ohnehin schwach waren, stark vernachlässigt, was den Republikanern ermöglichte, auch bei der gemässigten Bevölkerung an Einfluss zu gewinnen. Gleichzeitig blieben die Grossstädte überwiegend demokratisch und liberal geprägt, wodurch die Kluft zwischen Stadt und Land noch grösser wurde, als sie hinein schon war. Diskussionen über Abtreibung, Geschlechterfragen und Inflation vertieften diesen Graben weiter.

Entscheidend für Bidens Rückzug war jedoch sein geistiger Gesundheitszustand, der zunehmend nachliess. Bei öffentlichen Auftritten wirkte Biden oft abwesend und war nicht in der Lage klare Sätze zu bilden. Nach der TV-Debatte wurde schließlich klar: Biden war nicht mehr vital genug für das Amt. Die Demokratische Partei sah sich gezwungen, eine neue, lebendigere Führungsfigur ins Rennen zu schicken.

Die Vize übernimmt: Kamala Harris und das Erbe Joe Bidens
Wenn ein Präsident im Amt verstirbt oder zurücktritt, wird der Vizepräsident ohne erneute Wahl zum Präsidenten „befördert“. Aufgrund dieser Tatsache war es klar, dass Joe Biden seine Vize als Präsidentschaftskandidatin wünschte. Bidens Rückzug gleicht einem politischen Tod. Anders als seine Vorgänger Trump und Obama wird sich Biden mit seinen 81 Jahren und seiner angeschlagener Gesundheit höchstwahrscheinlich zurückziehen. Man wird kaum noch was von ihm hören, vielleicht abgesehen von seiner Rolle als vertrauter Berater von Kamala Harris. Denn seine Weisheit wird die 59-jährige Politikerin brauchen.

Kamala Harris, jung und ambitioniert, konnte sich politisch bislang jedoch nur begrenzt profilieren.  Zu Beginn der Biden-Harris Administration wurde sie von Biden beauftragt, die Migrationskrise an der Südgrenze zu managen – eine Herkulesaufgabe, die sie nicht erfolgreich bewältigen konnte. Zudem warfen ihr Kritiker vor, zu sehr im Schatten Bidens zu stehen. Doch sie hat aus ihren Aufgaben gelernt und wirkt inzwischen bodenständiger. Insbesondere beim Thema Abtreibung konnte sie sich als wichtige Stimme der Demokraten profilieren, die sich gegen restriktive Abtreibungsverbote starkmacht. 

Trotz ihrer Erfahrung als Vizepräsidentin reichen Harris politische Erfolge nicht aus, um sie uneingeschränkt als Nachfolgerin Bidens zu etablieren. Ihr afro-asiatisch-amerikanischer Hintergrund und die Tatsache, dass sie eine Frau ist, machen sie für konservativere Wählergruppen nicht wählbar. Deswegen ist ihr Running Mate umso wichtiger. Er muss in Bereichen punkten, in denen Harris nicht ausreicht. Daher war es entscheidend, dass sie einen Vizepräsidenten an ihrer Seite hat, der männlich, weiss und in ländlichen Gebieten verwurzelt ist sowie über die nötige Erfahrung verfügt, um ihr dabei zu helfen, die wichtigen Stimmen aus den konservativeren Bevölkerungsschichten zu gewinnen.

Tim Walz, die Power-Walze
Die Wahl fiel auf Tim Walz, den Gouverneur von Minnesota. Ein erfahrener Spitzenlokalpolitiker, der in seinem Heimatstaat vieles bewirken konnte, wie z. B. kostenloses Schulessen, kostenlose Collegeausbildungen für ärmere Familien und Steuererleichterungen für Familien. Ausserdem ist er ein Befürworter des Abtreibungsrechts, und somit ist Minnesota einer der wenigen Staaten im Mittleren Westen, in denen es Frauen noch erlaubt ist, eine Schwangerschaft zu unterbrechen.

Übersicht über Abtreibungsrecht in den USABild: Süddeutsche Zeitung

Der bodenständige Midwesterner teilt etwas mit Trump: seine einfache und direkte Sprache. Walz gilt als volksnah, im Vergleich zu den vielen millionenschweren Kongressabgeordneten aus Washington, D.C. Ein Grund, warum er kürzlich Ziel mehrerer republikanischer Hetzkampagnen wurde. Denn die verbalen Trump-Angriffe gegen Harris waren persönlicher Natur. So bezeichnete Trump sie als verrückt und linksradikal. Ausserdem betonte er mehrmals, dass sie eine Quotenfrau sei, was man daran sehe, dass sie früher als „indisch-stämmig“ bezeichnet wurde und heute sei sie „plötzlich schwarz“. Doch Trumps Angriffe gegen Harris waren wirkungslos, da er sie ohnehin mit Vorwürfen attackierte, welche konservative Wähler bereits gegen Harris hatten. Somit konnte er nicht an zusätzlichen Beliebtheitswerten gewinnen.

Eine andere Strategie musste her. Diesmal geriet Tim Walz ins Visier der Republikaner, sobald klar wurde, dass er Kamala Harris Running Mate werden würde. Walz Vergangenheit wird seit Tagen immer wieder aufgerollt und die Republikaner versuchen jede Leiche im Keller des Demokraten zu finden.

Schnell kritisierten sie seine 24-jährige Militärlaufbahn bei der Nationalgarde, da er kurz vor dem Einsatz seiner Einheit im Irakkrieg die Nationalgarde verlassen hatte. Doch im Vergleich zu Kamala Harris ist Walz konfrontationsfreudiger gegenüber Trump und Vance. Schon bei seinem ersten Auftritt mit Kamala Harris schoss Walz gegen Trump und dessen Running Mate. Vance gebe sich zwar als Vertreter der weissen Unterschicht, habe aber an der Elite-Universität Yale studiert und sei mit seinem Bestseller „Hillbilly Elegy“ über seine Landsleute hergezogen.

Vance, der Trump-Konvertit
James David Vance, der Senator aus Ohio, stammt aus einfachen Verhältnissen. Der Marine-Veteran und Rechtsanwalt war zu Beginn seiner Karriere ein Trump-Ablehner. Er bezeichnete Trump als „ungeeignet für das höchste Amt der USA“ und fragte sich, ob Trump „ein zynisches Arschloch wie Nixon“ sei oder „Amerikas Hitler“. Seine 2016 erschienene Bestseller-Autobiografie über die sozioökonomischen Probleme seines Lebens als Sohn einer weissen Unterschichtfamilie brachte ihm landesweite Aufmerksamkeit. Die New York Times bezeichnete sein Buch als eines der sechs besten, um Trumps Sieg zu verstehen. Nach seiner Kandidatur für den Senat änderte sich Vances Haltung zu Trump. Trumps Amtszeit überzeugte Vance vom Gegenteil, und er war begeistert von Trump als Präsident. Vance war so sehr von Trump eingenommen, dass selbst Trump ihn 2022 bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt als „Hinternküsser“ bezeichnete – eine Machtdemonstration im Heimatstaat des jungen Senators. Doch trotz ihrer zerrissenen Vergangenheit ist Vance nun Trumps Running Mate.

Aufgrund seiner Ablehnung gegenüber der Waffenlieferungen an die Ukraine erweckte Vance die Aufmerksamkeit von Donald Trump Jr. dem ältesten Sohn des Seniors. Es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden, was vermutlich dazu beitrug, dass der junge Senator jetzt an der Seite des umstrittensten Mannes Amerikas steht. Vance mittlerweile ein nationalistischer Populist, verkörpert eine junge Version von Trump. Er ist ein Mini-Trump, der all das repräsentiert, was Trumps Rückgrat in der MAGA-Bewegung („Make America Great Again“) ausmacht: ein weisser, junger, konservativer Mann der sich vom alten Establishment in DC nicht repräsentiert fühlt. Somit bringt Vance, Trump die nötigen Stimmen aus der gemässigten Bevölkerung nicht wirklich ein, denn er ist ein MAGA-Hardliner und somit unbeliebt bei gemässigten Wählern. Wird also Vance allmählich Trump ein Klotz am Bein?

Trump und Vance in einer Beziehungskrise?
Insidern zufolge soll Trump ziemlich frustriert über seine Entscheidung sein, mit Vance ins Rennen zu gehen. Ob dies wirkliche Zweifel seitens Trump sind oder ob es sich um einen typischen Trump-Wutausbruch handelt, lässt sich nicht sagen. Klar ist, dass das Harris-Walz-Duo in den Umfragen immer besser abscheidet, was Trump verärgert haben könnte, sodass er nun jemanden sucht, der dafür verantwortlich ist. Das Attentat auf Trump, brachte ihm alle Aufmerksamkeit. Das passte ihm sehr gut. Doch nach erfolglosen Angriffen seitens der Republikaner auf Harris und Walz, starteten die Demokraten selbst eine Reputationkampagne gegen Vance. Dieses schienen gewirkt zu haben. Vance wurde erfolgreich als empathieloser Misogynist dargestellt. Besonders wirksam erwiesen sich Vance Aussagen in der Vergangenheit über kinderlose Politiker. Alleinstehende, unglückliche Frauen bezeichnete er als kinderlosen „Katzen-Damen“, zu denen er auch explizit Harris zählte.

Die Wahlkampfteams der beiden Präsidentschaftskandidaten wurden zudem kürzlich Opfer einer Cyberattacke. Besonders bei Trumps Dateien, stiessen die Hacker auf Interessantes. Es gäbe belastende Aussagen zu Trump und Vance. Doch die Medien halten sich noch verdeckt. Linsknahe Medien wollen wohl Harris Popularität nicht mit einer Hexenjagd auf Trump überdecken. Ob Trump aufgrund diese Leaks wohl sein Running Mate mittlerweile hinterfragt?

Doch allein Vance für den Rückgang der Trump-Unterstützung in den Umfragen verantwortlich zu machen, wäre falsch. Schlussendlich ist es Trump, der Präsident werden will und somit im Rampenlicht steht. Seine niedrigen Umfragewerte könnten auch damit zu tun haben, dass der Umschwung bei den Demokraten aufgrund der vielen rasanten Veränderungen einfach mehr Aufmerksamkeit beim Wahlvolk erregt hat. Schlussendlich steht Trump seit 2016 auf der politischen Bühne und mit dem langweiligen Joe Biden ausser Gefecht, sind Harris und Walz eine erfrischende Abwechslung.

Der Running Mate ist zwar wichtig, sollte aber im besten Fall den Präsidentschaftskandidaten für eine breitere Wählerschaft attraktiver machen. Doch eine wirkliche politische Macht hat er nicht.

Viel wichtiger ist der potentielle Posten des Running Mate. Der Vizepräsident ist zwar eine einflussreiche Person, hat jedoch in der Regierung primär eine beratende Stimme für den Präsidenten und fungiert als Ersatzpräsident. Denn der zweitmächtigste Mann in Washington ist nicht der Vizepräsident, sondern der Stabschef des Weissen Hauses, der ranghöchste Mitarbeiter des Präsidenten. 

Der Senat als Machtapparat des Vizepräsidenten
Die Macht des Vizepräsidenten liegt in seiner Position als Vorsitzender des Senats. Da der Senat 100 Sitze hat, kann es bei Abstimmungen zu einem Patt von 50:50 kommen, wobei dann die Stimme des Vizepräsidenten den Ausschlag gibt. Diese Position ist bei einer gleichmässigen Sitzverteilung im Senat von Bedeutung, was sich daran zeigt, dass Kamala Harris als 49. Vizepräsidenten mit 33 ausschlaggebenden Stimmen Rekordhaltern ist. Im Vergleich dazu konnte Joe Biden während seiner Amtszeit als Vizepräsident kein einziges Mal seine Stimme im Senat abgeben.

Im Moment liegt die Sitzverteilung im Senat knapp bei 51:49 zugunsten der Demokraten. Sollte sich dies wieder zu einem 50:50 ändern, wird die Rolle des Vizepräsidenten erneut an Bedeutung gewinnen. Doch der Vizepräsident wird wohl nie gegen eine Empfehlung des Präsidenten stimmen. 

Somit bleibt die Auswahl der Running Mates zwar interessant, aber man darf sich nicht zu sehr auf sie verlassen. Schlussendlich stehen Trump und Harris im Vordergrund und ihre Running Mates sind vielmehr als Bonus zu betrachten, die ihnen die nötige abwechselnde Aufmerksamkeit einbringen.

«I am Vice President. In this I am nothing, but I may be everything.» – John Adams, erster US-Vizepräsident

Einfluss der Debatten
Ob sich der Harris-Walz-Trend halten wird, lässt sich nicht sagen. Sicherlich werden die Cyber-Leaks und auch die Debatten eine wichtige Rolle spielen. Es war die letzte Debatte, die Biden den Todesstoss versetzte. Harris und Trump werden sich zum ersten Mal am 10. September duellieren. Die Debatte der beiden Vizekandidaten ist für den 1. Oktober angesetzt.

Klar ist, dass sich Harris und Walz nicht zu sehr auf ihre besseren Umfragewerte verlassen dürfen. Trump hat es schon einmal geschafft trotz schlechterer Umfragewerte Präsident zu werden und ist ein starker Gegner. Der Wahlkampf ist und bleibt spannend, jetzt heisst es die Debatten abzuwarten.

Bild: Statista
Bild: Statista