Lohn, Zeit, Respekt; das waren vor einem Jahr die Hauptforderungen des 2. Nationalen Frauen*streiks am 14. Juni 2019. Diesen Sonntag feiert der Streiktag sein Jubiläum und es wird Zeit, zurückzublicken. Hat sich das Blatt zu Gunsten der Frauen* und des Feminismus gewendet oder blieb alles beim Alten?
Nur schon vorweg, viel hat sich nicht getan. Zumindest nicht so, wie es die Ziele des Frauen*streiks vorgesehen haben. So besteht die Lohnungleichheit beispielweise noch immer. Der «Equal Pay Day» in der Schweiz, also der Tag, an dem die Frauen gleichviel verdient haben wie die Männer 2019, war dieses Jahr am 22. Februar 2020. Dies bedeutet, dass sie insgesamt länger für gleichen Lohn arbeiten müssen. Auch heute noch. Teilweise kann diese Differenz dadurch erklärt werden, dass Frauen generell weniger Erwerbsarbeit leisten als Männer und sich in weniger lohnstarken Sektoren befinden. Das hängt nicht zuletzt von den traditionellen Geschlechterrollen ab, die noch immer in der Schweiz und auch sonst praktisch überall herrschen.
Allerdings sind nicht nur Rollenbilder sehr geschlechtergeprägt, sondern auch Berufsfelder. Es überrascht kaum, dass während der Corona Krise sehr viele Frauen im Einsatz waren, da sie oftmals in «systemrelevanten» Berufen tätig sind wie in der Pflege oder im Detailhandel. Doch obwohl diese Berufe so wichtig für unser System sind, werden sie noch immer nicht entsprechend bezahlt. In der Krise waren und sind (!) wir alle auf Solidarität angewiesen und dass einander geholfen wird. Oft zögern Frauen dabei nicht und übernehmen automatisch die Kinderbetreuung, Homeschooling, den Haushalt und dann noch eine Erwerbsarbeit. Viel Freizeit bleibt dabei nicht übrig.
Das bleibt jedoch öfters ungeachtet, da das typische Arbeitspensum noch immer nur als jenes angesehen wird, mit welchem jemand Geld verdient. Arbeit ist jedoch mehr als nur Erwerbsarbeit, welcher in der Schweiz typischerweise mehr Männer nachgehen. Betrachtet man jegliche Arten von Arbeit, also unbezahlte Arbeit zu Hause, ehrenamtliche Arbeit, politische Milizarbeit (da Politiker sein in der Schweiz kein Beruf ist) und Erwerbsarbeit, dann kommt heraus, dass Frauen und Männer gleich viel arbeiten. Nur, dass Frauen für ihre Tätigkeiten viel weniger/keinen Lohn bekommen. Und mit dem anerkennenden Applaus, den es in den vergangenen Monaten beispielweise für das Pflegepersonal gab, kann man an der Kasse vom Supermarkt leider auch nichts kaufen.
Was es also braucht ist, dass drangeblieben wird. So lautet nun der Slogan des Frauen*streiks 2020: Respekt, mehr Lohn, mehr Zeit – jetzt erst Recht! Denn die Corona Krise zeigt, dass wir in Sachen Gleichstellungen und Geschlechtergerechtigkeit noch nicht da sind, wo wir sein sollten. Dieses Jahr wird es allerdings keine riesigen Menschenversammlungen geben, wie es noch vor einem Jahr der Fall war. Demonstrationen in Zeiten von Corona sind schwierig, deshalb sind viele kleinere dezentrale Aktionen geplant, sowie Online Aktivitäten. So zum Beispiel die Online Diskussionen der Syndicom, die in der momentanen «violetten Woche», die sich mit dem Thema Frauen*streik befasst, stattfinden. Mehr Informationen dazu findest du hier. Die Unia dagegen setzt mehr auf Aktionen vor Ort oder Präsenz mit einem Marktstand. Was noch alles geplant ist, kannst du hier einsehen.
Schlussendlich liegt es noch immer bei uns allen Menschen, egal welches Geschlecht wir haben, uns für Gleichstellung einzusetzen. Gemeinsam lässt sich eine Richtung einschlagen, die künftig für mehr Egalität sorgen wird, sei also auch du Teil davon!